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Teure Silberbeschichtung macht Lungeninfektionen bei Beatmung seltener

Wenn Patienten auf der Intensivstation mit silberbeschichteten anstatt konventionellen Schläuchen beatmet werden, kommt es offenbar weniger häufig zu schweren Lungenentzündungen. Das berichten US-Forscher aus St. Louis. Allerdings ist eine Silberbeschichtung teuer, so dass der Einsatz dieser Schläuche vorerst von Kosten-Nutzen-Überlegungen abhängen wird, betont Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Rat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

Patienten, die auf einer Intensivstation beatmet werden müssen, haben ein erhöhtes Risiko, an einer Lungenentzündung zu erkranken und auch daran zu sterben. Bis zu 15 Prozent dieser Patienten entwickeln eine so genannte ventilator associated pneumonia (VAP), wobei diese Art der Lungenentzündung bei etwa 20-40 Prozent der Betroffenen zum Tode führen kann. Trotz optimierter Hygienebemühungen in den Kliniken lässt sich bisher nicht effektiv verhindern, dass sich bei intubierten Patienten krankheitserregende Bakterien aus dem eigenen Atemwegssystem im Beatmungstubus ansiedeln. Diese Erreger sind außerdem zunehmend unempfindlich gegenüber Antibiotika geworden, so dass sie sehr schwer zu bekämpfen sind. Jetzt wurde von US-Forschern der Washington University School of Medicine in St. Louis untersucht, ob eine Beschichtung des Beatmungstubus mit Silber für die Patienten von Vorteil ist. Silber hat bekanntlich eine breite antibiotische Wirkung, ohne dabei Nebenwirkungen beim Menschen hervorzurufen. Denn Silberionen können die Interaktion von bakteriellen Enzymen und Genen beeinflussen und somit in den Stoffwechsel und die Fortpflanzung von Bakterien (wie auch von Hefen) eingreifen. Ebenso können sie das Anhaften von Bakterien auf Oberflächen erschweren und damit die Bildung von hartnäckigen Biofilmen verhindern.

An der Studie der Wissenschaftler um Marin Kollef, die in der Fachzeitschrift JAMA (2008, Band 300(7), Seite 805-813) veröffentlicht wurde, haben 2.003 Patienten teilgenommen, die in den Jahren 2002 bis 2006 im Krankenhaus für mindestens 24 Stunden beatmet werden mussten – wobei sie nach dem Zufallsprinzip entweder einen silberbeschichteten oder konventionellen Beatmungsschlauch zugeteilt bekamen. Wie sich bei der Datenauswertung herausstellte, fiel die Häufigkeit von VAP-Lungenentzündungen bei der Beatmung mit silberbeschichteten Schläuchen deutlich (um 34-36 Prozent) geringer aus als mit konventionellen. Auch stellten sich Lungenentzündungen, wenn sie bei beschichteten Schläuchen auftraten, erst einige Zeit später ein als bei konventionellen Schläuchen. „Allerdings konnte in der Studie nicht gezeigt werden, dass die silberbeschichteten Schläuche auch die Sterblichkeit der Patienten verringerten, noch dass sie die Dauer der Beatmungszeit, des Aufenthalts auf der Intensivstation oder in der Klinik verkürzten“, kommentiert Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Leiter der Lungenklinik Kloster Grafschaft im nordrhein-westfälischen Schmallenberg die Studienergebnisse. „Da die silberbeschichteten Tubi mehr Geld kosten als die konventionellen, dürfte ihr Einsatz vorerst von Kosten-Nutzen-Überlegungen abhängen. Bis weitere Studien belegen, dass die Vorteile einer Silberbeschichtung die zusätzlichen Kosten überwiegen, wäre es daher verfrüht, fortan bei durchweg allen Patienten, die beatmet werden müssen, silberbeschichtete Schläuche einzusetzen."

„Hinzu kommt, dass die größte Waffe gegen VAP-Lungenentzündung, die uns heutzutage längst zur Verfügung steht, die so genannte nicht-invasive Beatmung darstellt", führt Köhler weiter aus. „Diese Methode wird leider aus Unkenntnis immer noch zu selten in den Kliniken angewandt, obwohl sie einen großen Vorteil gegenüber der invasiven Beatmung hat: Da der Patient bei der nicht-invasiven Beatmung nicht betäubt werden muss und sich die Atemmaske bei Bedarf ausziehen lässt, erlaubt sie dem Patienten, während der Therapie regelmäßig abzuhusten, was sehr viel effektiver bei der Bekämpfung der Atemwegsbakterien ist als Absaugen. Solche effektiven Hustenstöße, durch die sich VAP-Lungenentzündungen immer noch am besten verhindern lassen, sind bei einer invasiven Beatmung allerdings nicht möglich. Nur bei Patienten mit bestimmten neurologischen Erkrankungen oder Trauma-Patienten, die nicht mehr selbständig husten, ausspucken und schlucken können und insofern ein besonders hohes Risiko für VAP-Lungenentzündungen haben, sollten - wenn möglich - bevorzugt silberbeschichtete Schläuche verwendet werden."