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Mehr Handhygiene auf den Flughäfen könnte helfen, Pandemien auszubremsen

Wenn 60 % der Reisenden jederzeit saubere Hände hätten, könnte die weltweite Verbreitung von Krankheiten um 69 % verlangsamt werden. Leider wäscht sich nur jede/r Dritte Toilettengänger/in die Hände gründlich mit Wasser und Seife.

Eine gute Handhygiene gehört nach Einschätzung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu den wichtigsten nicht-medikamentösen Maßnahmen, die eine Ausbreitung von Viren wie dem neuartigen Coronavirus (Sars-CoV-2) abschwächen können. Mehr Gelegenheiten zum Händewaschen auf Flughäfen könnten einem internationalen Forscherteam zufolge tatsächlich die Ausbreitung von Epidemien deutlich abschwächen (siehe Risk Analysis, Online-Vorabveröffentlichung am 23.12.2019).

Die SARS-Epidemie von 2002/3, die „Schweinegrippe“ H1N1 von 2009 und aktuell die Epidemie mit 2019-nCoV haben gezeigt, dass Flughäfen die weltweite Ausbreitung der Erreger beschleunigen. An den Flughäfen treffen die weltweit 4,1 Millionen Reisenden, die jährlich ein Flugzeug benutzen, auf engem Raum zusammen. Infizierte können dort z. B. an Check-in Automaten, an den Armlehnen der Warteräume sowie in den Flugzeugen an Sitzen, Tabletttischen und an den Griffen der Toilettentüren Viren oder auch Bakterien hinterlassen.

Häufiges Händewaschen könnte das Übertragungsrisiko vermindern, doch Waschbecken gibt es in der Regel nur auf den Toiletten, wo sie erfahrungsgemäß häufig nicht benutzt werden. Nur etwa 70 % der Menschen, die auf die Toilette gehen, waschen sich danach die Hände, berichtet Christos Nicolaides vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, und die meisten machen es falsch.

Etwa die Hälfte spült nur kurz die Hände mit etwas Wasser, anstatt sie mit Seife und Wasser über 15 bis 20 Sekunden zu waschen, wie dies Hygieneexperten empfehlen. Nur etwa 20 % aller Fluggäste haben nach Einschätzung von Nicolaides saubere Hände. Die übrigen hinterlassen ihre Keime an den Orten, die sie mit den Händen berühren.

Nicolaides und Mitarbeiter haben noch vor der aktuellen Covid-19-Epidemie in sogenannten Monte Carlo-Simulationen untersucht, wie sich eine Verbesserung der Händehygiene auf die Ausbreitung von Epidemien wie SARS oder H1N1 auswirkt. Da sich die Viren ähnlich ausbreiten, dürften die Ergebnisse auf das neuartige Coronavirus übertragbar sein.

Die Berechnungen ergaben, dass durch eine Verbesserung der Handhygiene auf allen Flughäfen der Welt um das 3-fache – wenn also 60 % der Reisenden jederzeit saubere Hände hätten – die weltweite Verbreitung von Krankheiten um 69 % verlangsamt werden könnte.

Eine dreifache Verbesserung der Handhygiene wäre nach Einschätzung von Nicolaides allerdings nur zu erreichen, wenn an den Flughäfen zusätzliche Waschgelegenheiten geschaffen würden und diese von den Reisenden auch angenommen würden, was wohl unpraktikabel wäre, wie Nicolaides eingesteht.

Eine realistischere Alternative bestünde darin, nur die 10 wichtigsten Flughäfen, das sind solche mit den meisten internationalen Direktverbindungen, mit zusätzlichen Waschgelegenheiten auszurüsten. In diesem Fall könnte nach den Berechnungen von Nicolaides die Ausbreitung um bis zu 37 % verlangsamt werden.

 

Eine ähnliche Auswirkung hätte eine Verbesserung der Handhygiene an den 10 internationalen Flughäfen, die dem Epizentrum der Epidemie am nächsten liegen. Die geringste Auswirkung hätten die Maßnahmen, wenn sie auf den Flughafen im Epizentrum beschränkt blieben.

Wie nahe die Computersimulationen der Wirklichkeit kommen, würde man vermutlich erst erfahren, wenn die Maßnahmen umgesetzt würden. Tatsache ist aber, dass die meisten Epidemiologen der Händehygiene die größte Bedeutung bei der Eindämmung von Epidemien zuschreiben.

Sie sind deshalb auch ein zentraler Punkt in einem Technical Report, den die ECDC jetzt zu Covid-19 veröffentlicht hat. Das häufige Waschen der Hände mit Wasser und Seife oder das Reinigen der Hände mit alkoholischen Lösungen, Gelen oder Tüchern sind danach geeignete Maßnahmen, um das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV-2 zu senken.

Zu den präventiven Maßnahmen, die andere Menschen schützen, gehört auch die Husten-Etiquette, nach der niemand ungeschützt in die Luft husten sollte, aber auch nicht in die Hände, sondern am besten in ein sauberes Einwegtaschentuch oder in die Armbeuge. Zum Tragen von Gesichtsmasken wird außerhalb der Klinik nur Personen geraten, die erkrankt sind. Dass sich gesunde Menschen durch eine Maske schützen können, ist laut ECDC nicht erwiesen.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt vom 12.2.2020