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Lungenersatzverfahren bei schwerkranken Grippepatienten erfolgreich

Die diesjährige Grippewelle verläuft offenbar deutlich heftiger als ihre Vorgänger. Das beobachten auch die Intensivmediziner am Universitätsklinikum Leipzig, die bereits mehrere schwere Fälle registriert haben. Bei schwerstkranken Grippepatienten kommt dort eine Behandlung mit einem künstlichen Lungenersatzverfahren, der ECMO, zum Einsatz.

Für Tilo M. führte eine Grippe-Infektion im neuen Jahr zu einer Behandlung auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Leipzig (UKL). Der 40-Jährige kam mit schwerem Lungenversagen als Notfall ins UKL. Ursache war eine Infektion mit dem H1N1-Erreger, der sogenannten Schweinegrippe. Um ihn zu retten, griffen die Intensivmediziner zu einer Behandlung mit einem Lungenersatzverfahren – der ECMO. Über mehrere Tage übernahm eine kleine high-tech-Maschine die Aufgabe der Lungen von Tilo und versorgte sein Blut außerhalb seines Körpers mit dem notwendigen Sauerstoff.

„Bei schweren Infektionen wie dieser können die angegriffenen Lungen ihre Funktion nur noch sehr wenig oder gar nicht mehr wahrnehmen“, erklärt Dr. Sven Laudi, der behandelnde Oberarzt auf der UKL-Intensivstation. „Mit der ECMO, der sogenannten Extrakorporalen Membranoxygenierung, sorgen wir in dieser Situation dafür, dass die Gasaustauschfunktion vorübergehend durch eine Ersatzlunge übernommen wird.“ In dieser Zeit kann sich die Lunge des Patienten erholen, und der gesamte Organismus kann durch eine verbesserte Versorgung mit Sauerstoff schneller gesunden. „Wir wissen aus den letzten Grippewellen von 2009 und 2010, dass dieses pumpenbetriebene Verfahren hier besser helfen kann als die bloße konventionelle Beatmung“, so Laudi. Hintergrund ist wahrscheinlich eine besondere Empfindlichkeit des Lungengewebes bei Grippekranken. „Da das ECMO-Verfahren mit einem Gasaustausch außerhalb des eigenen Körpers für die Lungen schonender ist als die normale Beatmungsmaschine, können wir unseren Patienten wirksamer helfen“, beschreibt Laudi die Vorteile. Das Verfahren ist zwar technisch anspruchsvoll und aufwendig, kann aber in dafür spezialisierten Einrichtungen wie dem UKL zu jeder Tages- und Nachtzeit für die Patienten zum Einsatz kommen. „Allerdings darf nicht vergessen werden, dass das Verfahren auch Nebenwirkungen hat“, betont Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Ärztlicher Direktor der Lungenfachklinik Kloster Grafschaft in Schmallenberg. „Zudem gibt es bisher keine Studie, die die Vorteilhaftigkeit der ECMO im Vergleich zur Beatmung aufgezeigt hat. Derzeit laufen aber Studien mit den neuen, besseren Geräten.“

Auch die diesjährige Grippewelle macht die vermehrte Anwendung dieses Behandlungsverfahrens notwendig. „Wir haben seit Dezember deutlich mehr schwere Grippefälle“, berichtet der Intensivmediziner. Bereits drei Patienten kamen mit schwersten Verlaufsformen der Grippe und dadurch ausgelöstem Lungenversagen ins UKL. In der vergangenen Grippesaison gab es dagegen keinen einzigen solchen Fall. Doch selbst wenn der Bedarf nach spezialisierter Intensivbehandlung solch schwerer Influenzaverläufe zunehmen sollte, sehen sich die Unimediziner gut gerüstet. Die vorhandenen ECMO-Systeme könnten bei Bedarf schnell um weitere Geräte ergänzt werden. Entscheidend sei das Know-how des Intensivteams - dieses müsse umfassend und jederzeit verfügbar sein. Insgesamt verzeichnet das UKL schon jetzt mehr Fälle als im gesamten Vorjahr. Auch deshalb, betonen die Ärzte, sei eine Grippe-Impfung selbst jetzt noch sinnvoll.

Für Tilo ist die Grippe noch glimpflich ausgegangen: Nach sieben Tagen mit der ECMO und gut zwei Wochen Behandlung konnte er nun die Intensivstation verlassen. Ausgestanden aber ist die Influenza auch für ihn noch nicht – bis seine angegriffenen Lungen komplett wieder hergestellt sind, werden noch mehrere Wochen vergehen.

Quelle: Universitätsklinikum Leipzig AöR

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