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Impfung gegen Neue Influenza für Menschen unter 55 Jahren sinnvoll und zeitlich dringender als gegen saisonale Grippe

Eine Schutzimpfung gegen die Mexiko- bzw. Schweinegrippe (Neue Influenza) ist vor allem für die Hoch-Risiko-Gruppen (das heißt Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis etwa 55 Jahre) sinnvoll, um eine breitere Grundimmunität in der Bevölkerung zu erzeugen. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne hin. Sie halten diese Impfung außerdem für zeitlich dringender als die gewöhnliche Grippeschutzimpfung, für die auch noch in vier Wochen genügend Zeit bleibt, da der Höhepunkt der saisonalen Grippe meist erst im Januar oder Februar beginnt.

Zahlreiche Debatten über angebliche Komplikationen und Nebenwirkungen durch Verstärkerstoffe (Adjuvantien) im Impfstoff gegen Schweinegrippe (Neue Influenza bzw. Mexiko-Grippe) haben viele Menschen verunsichert und bisher von einer Impfung abgehalten. Dabei wäre diese Impfung insbesondere für die Hoch-Risiko-Gruppen (das heißt Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis etwa 55 Jahre) sinnvoll, um eine breitere Grundimmunität in der Bevölkerung zu erzeugen. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne hin. „Bisher wurden keine schwerwiegenden oder bedrohlichen Nebenwirkungen der adjuvantierten Grippeimpfstoffe beobachtet, wobei das in dem jetzt verfügbaren Grippeimpfstoff vorhandene Adjuvanz AS03 mittlerweile bei mehr als 40.000 Probanden im Rahmen von klinischen Studien zur Impfung gegen die Vogelgrippe, die neue Influenza und die saisonale Influenza eingesetzt worden ist“, erläutert Prof. Tom Schaberg, Chefarzt des Zentrums für Pneumologie des Diakoniekrankenhauses Rotenburg. „Zwar verursacht ein Impfstoff mit Adjuvantien eine kräftigere Lokalreaktion als der saisonale Grippeimpfstoff ohne Adjuvantien, was sich mit Druckgefühl, Schmerzen oder Juckreiz äußern kann. Auch kann es infolge der kräftigen Stimulation des Abwehrsystems zu einem leichten Fieberanstieg kommen, der aber in der Regel gering ist und wieder von selbst vorübergeht. Insgesamt handelt es sich also um keine als schwerwiegend zu bezeichnenden Nebenwirkungen.“

Verstärkerstoffe haben bedeutende Vorteile

Durch die Zugabe von Adjuvantien zum Impfstoff wird der Impfeffekt verstärkt, so dass aus einer geringeren Menge an Virusmaterial mehr Schutzimpfungsdosen hergestellt und somit auch sehr viel mehr Menschen mit einer nahezu 100%-igen Schutzwirkung geimpft werden können. „Nur durch solche Verstärkerstoffe ist es möglich, bei 18- bis 60-Jährigen, die im Gegensatz zur jährlich wiederkehrenden, saisonalen Grippe keinerlei Grundimmunität gegenüber der neuen Influenza aufweisen, durch eine einmalige Impfung eine sichere Schutzwirkung zu entfalten“, betont Schaberg. „Ein weiterer Vorteil der adjuvantierten Grippeschutzimpfung ist, dass auch gegenüber sich künftig möglicherweise bildenden Variationen der neuen Influenzaviren mit veränderten Viruseigenschaften ein breiter Schutz erreicht werden kann. Eine solche Ausweitung der Abwehrbereitschaft ist mit Impfstoffen, die keine Adjuvantien enthalten, hingegen nicht möglich. Denn diese Impfstoffe wirken nur dann, wenn das zirkulierende Wildvirus exakt mit dem Impfvirus übereinstimmt. Daher ist der adjuvantierte Impfstoff auch in seiner Schutzwirkung dem vom Bund bestellten Ganzvirus-Impfstoff überlegen.“

Wer sollte sich impfen lassen?

Die ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut empfiehlt die Schutzimpfung gegen die neue Influenza mit erster Priorität für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen, da diese durch den Umgang mit Patienten ein besonders großes Risiko haben, sich selbst anzustecken, aber auch akut und chronisch Kranke zu infizieren – und damit die Krankenhäuser im Falle einer Epidemie funktionsfähig bleiben. „Besonders gefährdet sind aber auch kleine Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, weil bei ihnen vergleichsweise häufig überaus schwere Krankheitsverläufe beobachtet wurden“, warnt Schaberg. „So war die Mehrheit der bisher an der neuen Grippe Verstorbenen sowie der Patienten, die wegen einer H1N1-Infektion auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, jünger als 40 Jahre. Diese Daten stehen in einem krassen Gegensatz zur normalen saisonalen Influenza, die vor allem für betagte Menschen ein Problem darstellt. Eine weitere Risikogruppe stellen bei der Neuen Influenza Patienten mit schweren Grunderkrankungen dar, insbesondere wenn sie den jüngeren Altersstufen (unter 55 Jahre) angehören. Demgegenüber waren Ältere über 65 Jahren bisher kaum von der neuen Influenza betroffen. Offenbar kennt das Abwehrsystem von Menschen, die vor 1950 geboren worden sind, aus der Vergangenheit einen ähnlichen Grippevirusstamm, so dass eine gewisse Rest- oder Kreuzimmunität besteht.“

Neue Grippe hat erhebliches Gefahrenpotential

Die Bevölkerung wird immer noch zu wenig darüber aufgeklärt, dass vom H1N1-Virus ein bedeutendes Gefahrenpotenzial ausgeht. „Der Erreger der Neuen Influenza ist hoch infektiös – teilweise muss davon ausgegangen werden muss, dass er sogar doppelt so ansteckend ist wie der Erreger der saisonalen Grippe“, bekräftigt Schaberg. „Daher ist es auch sehr rasch zu einer weltweiten Verbreitung gekommen. Bisher sind weltweit wahrscheinlich mehrere Millionen Menschen mit dem Virus infiziert worden. Überdies kann das neue Influenza-Virus im Gegensatz zu den normalen Grippeviren sehr viel tiefer in die Atemwege - bis in die Lungenbläschen hinein - eindringen und dort seine zerstörerische Wirkung entfalten, was ihm das Potenzial für besonders schwere Krankheitsverläufe und Komplikationen verleiht. Außerdem handelt es sich um einen neuen Virusstamm, der in seiner Zusammensetzung dem Abwehrsystem der meisten Menschen weltweit völlig unbekannt ist – gegen den also noch keine Grundimmunität wie bei der saisonalen Grippe besteht. Insofern trägt das neue Influenza-Virus das Potenzial in sich, eine schwere Epidemie hervorzurufen, die mit erheblicher Sterblichkeit einhergehen könnte. Daher halte ich die Impfung gegen das neue Grippevirus für gerechtfertigt, notwendig und auch für zeitlich dringender als die gewöhnliche Grippeschutzimpfung, für die auch noch in vier Wochen genügend Zeit bleibt, da der Höhepunkt der saisonalen Grippe meist erst im Januar oder Februar beginnt.“