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Husten aus dem Taubennest

Zu nahe sollte man den „Ratten der Lüfte“ besser nicht kommen: Taubensekrete können Erreger der Art Chlamydia psittaci beherbergen und eine ambulant erworbene Pneumonie verursachen…

© rostyle_Fotolia.com

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Was tun, wenn eine ambulant erworbene Pneumonie trotz Medikamente (Ceftriaxon und Clarithromycin) nicht besser werden will und auch die Bronchoskopie nicht weiterhilft? Noch mal die Anamnese gründlich aufrollen, wie der Fall eines 53-jährigen Patienten zeigt (siehe Swiss Medical Forum, online seit 22.11.2023).

Mit Fieber, leichtem Husten sowie stechenden Bauchschmerzen stellte sich ein 53-Jähriger in der Hausarztpraxis vor. Die Symptome hatten zwei Tage zuvor begonnen. Er klagte auch über Kopf- und Gliederschmerzen, verneinte aber Brustkorbschmerzen und Atemnot. Der Patient war Raucher, es bestanden keine chronischen Krankheiten oder Allergien. Bei deutlich erhöhten Entzündungswerten (CRP) und leichter Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) erhielt der Mann wegen einer beginnenden Blutvergiftung (Sepsis) einmalig Amoxicillin/Clavulansäure sowie Paracetamol und wurde zur weiteren Therapie stationär eingewiesen.

In der Klinik erschien er in reduziertem Allgemeinzustand, wie Dr. Selene­ Bombaci vom Universitätsspital Zürich und Kollegen berichten. Er wies eine Temperatur von 39,5 °Celsius, Schüttelfrost und Gliederschmerzen auf, die Herz-Kreislauf-Parameter waren jedoch stabil. Neben abdominellen Schmerzen ergaben sich mit beidseitig basalen Rasselgeräuschen nun auch pulmonal auffällige Befunde. Die Nasennebenhöhlen des Mannes waren klopfschmerzhaft. Computertomografisch stellte sich das Abdomen unauffällig dar, in der Lunge fanden sich beidseits Konsolidierungen mit Milchglastrübung.

Unter der Diagnose einer Pneumonie ging es nun darum, den auslösenden Erreger zu finden. Der Abstrich auf SARS-CoV-2 ergab ebenso wie Tests auf andere respiratorische Viren einen negativen Befund. Antigene von Legionellen und Pneumokokken im Urin waren nicht nachweisbar und die Blutkulturen zeigten keinerlei Wachstum. Bei Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie mit Sinusitis behandelten die Kollegen empirisch mit Ceftriaxon und Clarithromycin, allerdings mit geringem klinischem und laborchemischem Effekt. Zur weiteren Abklärung erfolgte daher eine Bronchoskopie. Die Lymphknotenbiopsien zeigten eine leichte Entzündung. Es ergaben sich keine Zeichen für ein Malignom, eine Dysplasie oder Granulome.

Chlamydia psittaci wird von infizierten Vögeln - darunter Tauben, Spatzen, Hühner, Enten, Möwen, Papageien und Kanarienvögeln - seltener von infizierten Pferden und Nutztieren, auf den Menschen übertragen. Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist eine Rarität. Der Erreger kann neben der Lunge vor allem auch Leber, Milz, Hirnhäute und das zentrale Nervensystem befallen und führt innerhalb von 5 bis 14 Tagen nach der Infektion zu Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Husten und Atemnot. Die Symptome können unterschiedlich schwer sein, es sind auch tödliche Verläufe beschrieben. Schätzungen zufolge beruhen etwa ein Prozent der ambulant erworbenen Pneumonien auf einer Infektion mit Chlamydia psittaci, wahrscheinlich ist die Psittakose aber häufiger. Auch deshalb sollte nach initial schlechtem Ansprechen einer Pneumonie auf Antibiotika die genauere Erregersuche möglichst auch eine PCR einschließen.

Bei der genaueren Befragung gab der Patient an, fünf Tage vor der stationären Einweisung ein Taubennest am Haus entfernt zu haben. Dabei hatte er weder Gesichtsmaske noch Handschuhe getragen. Daraufhin ließen die Ärzte Rachenabstrich und Material aus der Bronchialwäsche (bronchioalveolären Lavage) mittels PCR auf Chlamydia psittaci testen. Das Ergebnis war positiv – der Mann litt an einer Psittakose. Der von ihm angegebene Zeitpunkt der Säuberung passte zur drei- bis fünftägigen Inkubationszeit einer Psittakose, wenn auch die Exposition gegenüber Federstaub, Kot, Urin und anderen Sekreten der Tauben wahrscheinlich schon länger bestanden hatte.

Empfohlen wird die Therapie mit einem Tetrazyklin über 10 bis 14 Tage. Bei diesem Patienten waren fünf Tage Doxycyclin ausreichend. Zwei Wochen später ließ sich klinisch, laborchemisch und radiologisch eine vollständige Remission feststellen.

Um Infektionen zu vermeiden, sollten Vogelnester nur unter Sicherheitsvorkehrungen entfernt werden:

  • Atemschutzmaske und robuste Einweghandschuhe tragen
  • Kot vor der Entfernung mit Desinfektionsmittel besprühen
  • Balkon/Fassade nach der Nestentfernung mit Essigwasser reinigen

Alternativ kann man sich zur Entfernung von Vogelnestern an einen professionellen Schädlingsbekämpfer wenden.

Quelle: Medical Tribune am 21.1.2024