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Bei Covid-19 oft keine Wahrnehmung von süß und bitter möglich – im Gegensatz zu Grippe

Was sehr spezifisch für Covid-19 ist und sich damit auch zur Unterscheidung von einer Erkältung oder Grippe eignet: Covid-19-Patienten, bei denen Geschmacksstörungen auftreten, können insbesondere kein bitter oder süß wahrnehmen. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Lungenstiftung aufmerksam unter Berufung auf aktuelle Studienergebnisse.

Bei einer Erkrankung an Covid-19 kann es bekanntlich (siehe Laryngorhinootologie 2020, Band 99/8, Seite: 531–535) in etwa zwei Drittel der Fälle auch zu einem Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns kommen - ähnlich wie bei schlimmen Erkältungskrankheiten oder Influenza, die allerdings meist mit einer verstopften Nase einhergehen. Covid-19-Patienten, die nichts mehr riechen oder schmecken, haben hingegen keine verstopfte oder laufende Nase. Was außerdem sehr spezifisch für Covid-19 ist und sich damit auch zu einer Unterscheidung von einer Erkältung oder Grippe eignet: Die Covid-19-Patienten, bei denen Geschmacksstörungen auftreten, können insbesondere kein bitter oder süß wahrnehmen. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Lungenstiftung aufmerksam unter Berufung auf die Ergebnisse einer europäischen Forschergruppe, die in ihrer Untersuchung im Gegensatz zu bisherigen Studien mögliche Schmeck- und Geschmacksstörungen explizit unterschieden hat (siehe Rhinology International Journal, open access paper, akzeptiert seit 6.7.2020).

Selektiver Geschmacksverlust kann Differenzialdiagnose unterstützen

In der Studie wurden Geruchs- und Geschmackstests mit drei Gruppen -  Covid-19-Patienten, Personen mit einer akuten Erkältung und Gesunden – durchgeführt, die im Hinblick auf Geschlecht und Alter der Teilnehmenden aufeinander abgestimmten waren. Die ausgeprägtesten Beeinträchtigungen des Geruchs- und Geschmackssinnes wurden bei Covid-19-Patienten dokumentiert: Im Vergleich zu erkälteten und gesunden Personen hatten sie größere Schwierigkeiten, Gerüche generell zu identifizieren und insbesondere einen bitteren oder süßen Geschmack wahrzunehmen. „Das ist ein markantes Symptom für Covid-19, das gerade in der kommenden Schnupfen- und Grippesaison im Winterhalbjahr die Differentialdiagnostik unterstützen kann“, kommentiert Prof. Adrian Gillissen, Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Lungenstiftung und Direktor der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie von der Ermstalklinik Reutlingen-Bad Urach. „Freilich werden Geschmacktests keine Diagnosewerkzeuge wie Rachenabstriche ersetzen können. Zusätzlich eingesetzt könnten sie aber ein schnelleres Screening zum Beispiel bei der Notaufnahme oder auf Flughäfen ermöglichen, um Patienten mit Covid-19 von anderen Personen zu unterscheiden und dann rascher isolieren zu können.“

Laufende Helmholtz-Umfrage ermittelt Empfindungsstörungen bei Covid-19

Bemerkenswert ist auch die Heftigkeit der Empfindungsstörungen bei Covid-19-Patienten, die bisher in einer laufenden, internationalen Online-Umfrage der Helmholtz-Gemeinschaft in 56 Ländern bei mehr als 40.000 Teilnehmern einschließlich 8000 Covid-19-Positiver ermittelt wurden: Massive Einbußen im Riechvermögen hatten rund 80 Prozent, im Geschmackssinn 70 Prozent und bei der Wahrnehmung von Empfindungen wie Brennen, Kältegefühl oder Prickeln (nach einer Testung mit Chili, Pfefferminzbonbons oder Kohlensäure) rund 37 Prozent.

Die Regeneration des Geruchssinns dauert länger als die des Geschmackssinns

Der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns bei Covid-19-Patienten tritt meist zu Beginn der Erkrankung und sehr plötzlich auf - vermutlich aufgrund einer Schädigung der Riech- und Geschmackssinneszellen durch das SARS-CoV-2-Virus, so dass diese Sinneszellen absterben und anschließend erneuert werden müssen. Da sich die Sinneszellen des Geschmacksinns (Hautzellen in der Mundschleimhaut) recht schnell erneuern, kann sich der Geschmacksinn bereits nach rund 14 Tagen regenerieren. Beim Geruchssinn dauert die Erneuerung allerdings mehrere Monate, da es sich bei den Sinneszellen des Riechsystems um Nervenzellen handelt. Während dieser länger anhaltenden Regeneration des Geruchsinns können sich zudem selbst nach einer bereits beschwerdefreien Phase erneut Störungen des Geruchssinns (sog. Parosmien) einstellen, die der Umfrage der Helmholtz-Gemeinschaft zufolge die Betroffenen stark belasten: Sie erleben das Phänomen, dass Dinge plötzlich anders riechen - und zwar unangenehm, beispielsweise nach Fäkalien, Abfluss oder Schwefel - und können dabei nur hoffen, dass es bald wieder vorübergeht. Nach Angaben der Leiterin der Online-Umfrage in Deutschland, Dr. Kathrin Ohla vom Forschungszentrum Jülich, sind solche Parosmien aber eigentlich ein Zeichen dafür, dass das Riechsystem heilt. Somit sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Großteil des Geruchssinns wiederkehre und die Riechstörungen nur vorübergehend sind.

Autor: äin-red

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