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Bauern während der Heufütterungsperiode besonders gefährdet, an Farmerlunge zu erkranken

Landwirte können durch krankmachende Stäube bei Arbeiten in Stall und Silo eine so genannte Farmerlunge entwickeln, die sich anfänglich mit wiederkehrendem Schüttelfrost, kurzen Fieberanfällen, Husten und Engegefühl in der Brust äußert. Auf Dauer und unbehandelt schreitet diese Erkrankung aber fort, mit zunehmender Atemnot und Leistungseinschränkung bei den Betroffenen, und kann sogar zu Rechtsherzversagen führen. Davor warnen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und raten Bauern, bei der Arbeit bestimmte Vorkehrungen zu treffen (z.B. Tragen einer Atemschutzmaske oder Binden des Trockenfutters durch Öl), um die Belastung mit Stäuben zu reduzieren.

Landwirte, die bei der Arbeit einer hohen Staubbelastung ausgesetzt sind - wie z.B. während der Heufütterungsperiode im Winterhalbjahr -, können an einer so genannten Farmerlunge (früher auch als Drescherlunge bekannt) erkranken, einer fortschreitenden allergisch bedingten Entzündung der Lungenbläschen, medizinisch als exogen allergische Alveolitis (EAA) bezeichnet. „Wer nach dem Einatmen von Staub wiederholt gesundheitliche Beschwerden bekommt, die einem grippalen Infekt ähneln, sollte unbedingt einen Lungenfacharzt aufsuchen, damit dieser baldmöglichst eine wirksame Behandlung einleiten und somit das Fortschreiten der Erkrankung verhindern kann“, rät Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und ärztlicher Direktor der Lungenklinik Kloster Grafschaft in Schmallenberg.

Krankmachende Stäube bei Arbeiten in Stall und Silo

Ursache für die Entwicklung einer Farmerlunge sind Schimmelpilz- oder Bakteriensporen, die nach dem Einatmen in die Lungenbläschen geraten und dort zu Entzündungen führen. Solche mikrobiellen Aerosole entstehen vor allem bei Heuarbeiten - insbesondere in der Mähdrescherkabine, in Ställen beim Ausbringen von Einstreu (z.B. Stroh) und bei der Arbeit mit dem Heugebläse – oder aber bei der Futtermittelherstellung im Silo, bei der Ernte und Lagerung von Erntegut und bei der Kompostierung „Die Heuqualität und auch die Art der Lagerung entscheiden darüber, ob vom Heu eine Bedrohung für die Gesundheit ausgehen kann“, erklärt Köhler. „Je nach Restfeuchte wachsen nämlich Pilze oder wärmeliebende Bakterien auf dem organischen Material und produzieren feinste Stäube. Bei der Arbeit mit dem Heu wird dieser feine Staub aufgewirbelt und vom Menschen eingeatmet. Diese Pilzsporen und Bakterien sind so klein, dass sie bis in die Lungenbläschen vordringen und dort einen vom Immunsystem initiierten Prozess in Form einer verzögerten allergischen Reaktion in Gang setzen. In letzter Zeit werden auch Farmerlungenerkrankungen im Zusammenhang mit der Lagerung von Hackschnitzeln für Brennöfen immer häufiger. Denn auch hier kann es bei Feuchtigkeit zur Schimmelpilzentwicklung kommen.“

Erste Symptome ähneln grippalem Infekt

Bei einer allergisch-entzündlichen Reaktion reagieren Betroffene einige Stunden nach dem Einatmen des Staubes mit Schüttelfrost und kurzem Fieberanfall, Husten und Engegefühl in der Brust. „Man könnte glauben, ein grippaler Infekt sei im Anzug“, berichtet Köhler. „Über Nacht klingen die Beschwerden dann typischerweise wieder ab, bis die nächste Belastung durch sporenhaltigen Heustaub stattfindet. Während der Heufütterungsperiode kann es dann wiederholt zu den beschriebenen Beschwerden kommen – es entwickelt sich eine typische Farmerlungeerkrankung.“

Prognose umso besser, je kürzer die Belastung

Während die akute Verlaufsform bis zu zwei Tage dauert und die subakute sich bis zu vier Monate hinziehen kann, ist der chronische Verlauf durch einen jahrelangen Krankheitsprozess charakterisiert. „Je länger die Entzündungsreaktion bei Nicht-Behandlung andauert, umso stärker ausgeprägt sind auch die bleibenden Veränderungen am Lungengewebe“, warnt Köhler. „Die immer wiederkehrende allergisch-entzündliche Reaktion führt an der Wand der Lungenbläschen zu einer vermehrten Vernarbung und Verdickung (Fibrosierung), sodass der Transport von Sauerstoff ins Blut und der Abtransport von Kohlendioxid über die Lungenbläschen behindert werden. Das führt über längere Zeit zu fortschreitender Atemnot und Leistungseinschränkung bei den Betroffenen. Langfristig drohen dann weitere Folgen wie Lungenhochdruck, eine erhöhte Druckbelastung des rechten Herzens (Rechtsherzschwäche = Cor pulmonale) und schließlich Rechtsherzversagen. Die Prognose der Patienten ist daher umso besser, je kürzer der Kontakt mit dem Allergieauslöser (Allergen) und je geringer die Funktionseinschränkungen der Lunge bereits sind.“

Atemschutzmasken und weitere Maßnahmen zur Vorbeugung

Eine wichtige Maßnahme zur Vorbeugung einer Farmerlunge ist das Tragen einer Atemschutzmaske bei staubigen Arbeiten „Einfache Grobstaubmasken bieten allerdings keinen geeigneten Schutz“, betont Köhler. „Besser sollten zertifizierte Feinstaubmasken verwendet werden, die zusätzlich mindestens die Schutzstufe P2 aufweisen. Nach zwei Stunden Tragezeit einer Partikelfilter-Maske (FFP2/3) ist eine Erholungszeit von dreißig Minuten einzuhalten. Doch z.B. auch geschlossene Fahrerkabinen im Mähdrescher, eine Kabinenschutzbelüftung und das Binden von Trockenfutter durch Öl können helfen, die Belastung mit Stäuben zu reduzieren. Außerdem gilt es, die Besiedelung von feuchtem, organischem Material, das gelagert werden soll, zu vermeiden, um so die Bildung von Aerosolen von vornherein einzuschränken.“

Stillstand der Erkrankung nur durch Allergen-Karenz zu erreichen

Langfristig ist nur eine Allergenkarenz geeignet, die EAA zum Stillstand zu bringen. „Im Falle der Farmerlunge bedeutet dies entweder die Umstrukturierung des Betriebes – z.B. von Heuwirtschaft auf Silage-Fütterung oder auf Grasballenlagerung - oder eine Umschulung des Betroffenen“, berichtet Köhler. „Um ein Fortschreiten der Farmerlunge auszuschließen, sind zudem regelmäßige Kontrollen der allergenspezifischen Antikörper und der Lungenfunktion beim Lungenfacharzt angezeigt.“

Die Farmerlunge ist eine anerkannte Berufskrankheit und gilt als eine der bedeutendsten berufsbedingten Erkrankungen in der Landwirtschaft. In Deutschland gibt es über Tausend betroffene Bäuerinnen und Bauern, wobei jedes Jahr viele Neuerkrankte hinzukommen. Durch Silage-Fütterung, bei der die Wachstumsbedingungen für Bakterien und Pilze wesentlich schlechter sind, lässt sich die Erkrankungshäufigkeit senken. Wenn der Verdacht auf eine Farmerlunge vorliegt, muss dies der Unfallversicherung gemeldet werden. Diese veranlasst dann eine entsprechende Abklärung und Begutachtung durch Spezialisten. Zudem wird der Betroffene über technische und persönliche Maßnahmen betreffend den Schutz vor krankmachendem Staub informiert. Rehabilitationsberater klären die Möglichkeit von Sanierungsmaßnahmen am Bauernhof des Betroffenen ab und erstellen ein Sanierungskonzept, wobei den Landwirten je nach Situation Unterstützungen in Form von Sanierungshilfen bis zu Totalübernahme der Kosten angeboten werden.