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Wie infizieren Coronaviren die Lunge?

Neben Lungenzellen sollen künftige Modelle auch Immunzellen enthalten, damit sich bei einer Infektion mit SARS-CoV-2-Viren im Modell womöglich auch eine potenzielle Immunantwort ablesen lässt. Ein weiterer Forschungsansatz konzentriert sich auf die sogenannte RNA-Interferenz als antivirale Strategie.

Mit dem „Coronavirus Pre-Exploration Project“ der Berlin University Alliance (BUA), das im Rahmen der Grand Challenge Initiative mit 1,8 Millionen Euro gefördertwird, soll die Grundlage für eine umfangreiche Forschung zum Coronavirus SARS-CoV-2 gelegt werden. Von Seiten der Technischen Universität Berlin koordiniert Prof. Dr. Jens Kurreck, Leiter des Fachgebiets Angewandte Biochemie, die Forschungsaktivitäten. Die Koordination des Gesamtprojekts liegt bei Prof. Dr. Rainer Haag von der Freien Universität Berlin. Ziel ist es, unter anderem langfristige Forschungskooperationen zu etablieren.

Insgesamt ist das BUA-Projekt in sechs Themenbereiche gegliedert, die in kleinen Forschungsteams bearbeitet werden. Die Teams werden sich mit der Synthese und Erprobung von antiviralen Therapie- und Präventionskonzepten befassen, mit zwei- und drei-dimensionalen menschlichen Gewebemodellen sowie mit Tier- und Ersatzmodellen der SARS-CoV-2-Infektion. Ferner geht es um die Entwicklung nachhaltiger Impfstoffe, die Untersuchung des Krankheitsverlaufs und sogenannter prädiktiver Marker sowie um eine Darstellung der Verbreitung und Folgen der SARS-CoV-2-Pandemie.

„In der Vergangenheit haben wir bereits Arbeiten publiziert, wie Influenzaviren das von uns entwickelte 3D-Lungenmodell infizieren. Ähnliches haben wir jetzt mit Coronaviren vor, die ja schwerpunktmäßig Lungenzellen angreifen“, so Jens Kurreck von der TU Berlin. Für das neue Projekt soll das bestehende Lungenmodell optimiert und antivirale Strategien untersucht werden. „Unser Lungenmodell besteht zurzeit aus einem bestimmten Zelltyp, den sogenannten alveolaren Epithelzellen, die die Lungenbläschen von innen auskleiden. In der Realität besteht die Lunge natürlich aus einer Vielzahl verschiedener Zelltypen. Ein Ziel des Projektes wird es sein, unser Modell soweit zu optimieren, dass es nicht mehr nur aus einer Zellart besteht. Zusätzlich wollen wir auch den Zelltyp in das Modell einbauen, der vordringlich von den Coronaviren befallen wird. Ziel ist es, das Modell insgesamt immer physiologischer werden zu lassen.“ Neben Lungenzellen sollen künftige Modelle auch Immunzellen enthalten, damit die WissenschaftlerInnen an dem Modell eventuell auch eine potenzielle Immunantwort ablesen können.

Ein weiterer Ansatz der WissenschaftlerInnen konzentriert sich auf die sogenannte RNA-Interferenz als antivirale Strategie. Die Erbinformation der Corona-Viren besteht aus RNA. „Wir kreieren im Labor spezielle, kurze RNA-Stücke, die sich wiederum an definierte Stellen der Virus-RNA heften und dadurch einen zellulären Mechanismus – die RNA-Interferenz – auslösen und die Virus-RNA zerstören. Im Ergebnis kann sich das Virus nicht mehr vermehren“, erläutert der Wissenschaftler. Diese kleinen RNA-Stücke müssen speziell designed werden, damit sie zum einen überhaupt in die Zellen gelangen und zum anderen optimal auf die Virus-RNA passen. Genau da liegt die Expertise der Forschungsgruppe von Jens Kurreck.

„Anschließend testen wir die Effektivität der von uns ausgewählten kleinen RNAs in einem sogenannten zweidimensionalen Reporterassay“, so Jens Kurreck. Damit können die ForscherInnen überprüfen, welche Auswirkungen die kleinen RNAs auf die Virus-RNA hatten.

Sollten die Versuche im zweidimensionalen Test erfolgreich sein und die Frage gelöst werden können, wie man die kleinen RNAs überhaupt in die Lungenzellen bekommt, werden die WissenschaftlerInnen weitere Tests mit intakten Coronaviren und dem 3D-Lungenmodell durchführen. Dazu kooperieren sie mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Dort stehen die sogenannten S3-Labore zur Verfügung, in denen Infektionsversuche mit Coronaviren durchgeführt werden dürfen“, so Jens Kurreck.

„Spannend wird es dann, wenn man in der Zukunft vielleicht unsere antivirale Strategie mit den Strategien der KollegInnen aus den Partnerinstitutionen verbinden kann. Insgesamt geht es in diesem Pre-Exploration-Projekt, das vorerst für eineinhalb Jahre angesetzt ist, vor allem darum, Kooperationen und Verfahren zu etablieren, die vielversprechende erste Ergebnisse zeigen. Im besten Fall entwickeln sich daraus langfristige neue Projekte“, weiß Jens Kurreck.

Quelle: Technische Universität Berlin