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WeanNet der Lungenärzte schafft gleichzeitig mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit

Gut 50% der Patienten, die während einer Intensivbehandlung beatmet werden mussten, könnten wieder vom Beatmungsgerät entwöhnt werden. Dafür soll das so genannnte Weannet sorgen, auf das letzte Woche auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Stuttgart hingewiesen wurde.

Aufgrund der Bevölkerungsstruktur in Deutschland erreichen immer mehr Menschen ein höheres Lebensalter, in dem Krankheiten häufiger auftreten, wobei die Betroffenen meist nicht nur an einer einzelnen Krankheit erkranken, sondern oft an mehreren zugleich. Dies macht die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung wahrscheinlicher, bei der u.a. auch eine künstliche Beatmung erforderlich wird. Gleichzeitig wächst dabei die Zahl der Patienten, die nach der Beatmung nur schwer vom Beatmungsgerät zu entwöhnen sind (sog. Weaning) und deshalb längerfristig beatmet werden müssen (sog. komplizierte Weaning-Fälle). Das betrifft hierzulande etwa 15.000 – 30.000 Patienten und kostet 2-4 Milliarden Euro pro Jahr.

Weaning aus Patientensicht und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wünschenswert
Die Behandlung von Langzeitbeatmungspatienten, die nach einem Luftröhrenschnitt über einen Beatmungsschlauch an das Beatmungsgerät fixiert sind und daher z.B. weder sprechen noch selbstständig essen können, erfordert natürlich eine große Therapieintensität und absorbiert rund 50 Prozent der Ressourcen einer Intensivstation. Eine dauerhafte künstliche Beatmung bedeutet andererseits auch für die Patienten und ihre Angehörigen eine große Belastung und schränkt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich ein. Deshalb sollten vor dem Beginn einer dauerhaften außerklinischen Beatmung alle medizinischen Anstrengungen unternommen werden, den Patienten von der invasiven Beatmung zu entwöhnen (sog. Weaning). Dazu raten die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

Weaningpotenzial wird leider häufig unterschätzt
Dessen ungeachtet hat die Zahl der Fälle von invasiver außerklinischer Beatmung in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. „Dies ist überwiegend darauf zurückzuführen, dass das Potenzial zur Entwöhnung der Patienten vom Beatmungsgerät in vielen, nicht-pneumologischen Kliniken unterschätzt wird“, erklärt Prof. Dr. med. Martin Hetzel, einer der beiden Tagungspräsidenten des diesjährigen DGP-Kongresses und Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin am Krankenhaus vom Roten Kreuz Bad Cannstatt in Stuttgart. „Möglicherweise müssen Weaning-Anstrengungen aber auch zu früh abgebrochen werden aufgrund der limitierten Bettenkapazität auf interdiziplinären Intensivstationen.“

WeanNet - Kompetenznetzwerk pneumologischer Weaningzentren gegründet
Deshalb haben sich immer mehr pneumologische Kliniken und Abteilungen in Deutschland auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät (Weaning) spezialisiert. Um ein bundesweit kooperierendes Netzwerk solcher Weaning-Stationen auf- und auszubauen, haben die Beatmungsspezialisten unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) mit dem sogenannten „WeanNet“ ein Kompetenznetzwerk pneumologischer Weaningzentren gegründet. Dessen Aufgaben sind der Aufbau eines Weaning-Patienten-Registers zur Dokumentation aller Behandlungsfälle und die Akkreditierung weiterer Weaning-Zentren. „Das wesentliche Ziel von WeanNet ist eine Verbesserung der Zusammenarbeit der spezialisierten Weaningzentren und medizinischen Behandlungsabläufe, deren externe Qualitätssicherung und eine vermehrte Versorgungsforschung in diesem Bereich“, erläutert Prof. Hetzel.

Was ist so schwierig am Weaning?
Je länger eine invasive Beatmung andauert, umso stärker wird sich bei den künstlich beatmeten Patienten die Atemmuskulatur zurückbilden, die dann wieder mühevoll durch spezielle Weaningstrategien aufgebaut werden muss. Dazu stehen in den Weaning-Kompetenzzentren spezielle bewegungs-, physio-, ernährungs- und pharmakotherapeutische Methoden zur Verfügung. Insofern benötigt eine auf Weaning spezialisierte Intensiveinheit im Vergleich zu einer allgemeinen Intensivstation ganz andere Organisationsstrukturen, Abläufe und Expertise. Zudem erfordert die Beurteilung des grundsätzlichen Weaningpotenzials der überwiegend schwerkranken und multimorbiden Patienten eine große klinische Erfahrung bei gleichzeitig hochspezialisierter Ausbildung.

Was bringt Weaning?
Ziel des Weaning ist es, die Patienten so bald wie möglich – alternativ zur invasiven Beatmung über einen Tubus nach Luftröhrenschnitt - auf eine nicht-invasive Beatmung mit Nasen- bzw. Mund-Nasen-Maske umzustellen, die ihnen u.a. ein selbständiges Abhusten, Sprechen und Essen erlaubt, was Atemwegsinfektionen verhindern und die Genesung der Patienten deutlich beschleunigen kann. Nicht zuletzt lässt sich auf diesem Weg auch die Psyche der oft reaktiv-depressiven Patienten stabilisieren. Dies ermöglicht letztendlich auch eine Entlassung nach Hause, wo die nicht-invasive Maskenbeatmung dann meistens nur noch während des Nachtschlafs fortgeführt werden muss. Bei COPD-Patienten mit überstrapazierter Atemmuskulatur sorgt die nicht-invasive Beatmung für eine Entlastung der erschöpften Atempumpe, so dass sich diese - ähnlich wie die Skelettmuskulatur nach sportlicher Betätigung – erholen kann, um dann im Anschluss an die Beatmung ihre Arbeit für einen begrenzten Zeitraum wieder ohne Unterstützung verrichten zu können.

60-70% der Patienten können doch noch entwöhnt werden!
In den Weaningeinheiten werden die langzeitbeatmeten Patienten mit einer Erfolgsrate von über 50% vom Beatmungsgerät entwöhnt. „Rund 60-70% der Patienten, die auf Akut-Intensivstationen nicht entwöhnt wurden, können doch noch ein erfolgreiches Weaning erreichen, wenn sie in einem spezialisierten Weaningzentrum betreut werden. Die Hälfte dieser Patienten schafft die Entwöhnung von der invasiven Beatmung mit Hilfe der Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung über Maske“, betont Prof. Dieter Köhler, ehemaliger Ärztlicher Direktor der Lungenfachklinik Kloster Grafschaft in Schmallenberg, eines der führenden Beatmungs- und Entwöhnungszentren in Deutschland. Zudem können in solchen Zentren eine nach Intensivtherapie häufig vorliegende Muskelschwäche sowie Schluckstörungen durch multimodale Therapieprogramme beseitigt werden. Darüber hinaus wird die Therapie der oft zugrundeliegenden internistischen Multimorbidität optimiert.