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Was Vogelgrippeviren aggressiv macht

Für die besondere Aggressivität mancher Vogelgrippestämme sind offenbar Genveränderungen in einem Eiweißstoff verantwortlich, den die Viren zur Vervielfältigung in ihren Wirtszellen benötigen. Das haben Forscher aus Hamburg und Marburg entdeckt.

Das hochpathogene aviäre Influenzavirus, auch bekannt als Vogelgrippevirus, ist ein Virusstamm, der sich an Vögel angepasst hat und bei vielen Wildvögeln, insbesondere bei Wasservögeln, weit verbreitet ist. Obwohl das Vogelgrippevirus selten die Wirtsbarriere überwindet, verursachten weitere Anpassungen (Adaptationen) in der Vergangenheit höchst aggressive und tödlich verlaufende Infektionen auch beim Menschen (siehe zum Beispiel: www.lungenaerzte-im-netz.de/lin/linaktuell/show.php3?id=929&nodeid=18&nodeid=18&query=vogelgrippe). Jetzt haben Forscher um Gülsah Gabriel vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg und um Hans-Dieter Klenk aus dem Institut für Virologie in Marburg einen Eiweißstoff in Vogelgrippeviren entdeckt, der für deren Anpassung an Säugetiere und ihr hohes pathogenes Potential verantwortlich zu sein scheint. Wie das American Journal of Pathology (2009, Band 175, Seite 1178-1186) berichtet, handelt es sich bei dem Protein um die so genannte virale Polymerase – das ist ein Enzym, das die Viren für ihre Vervielfältigung in den Wirtszellen benötigen und das daher künftig als ein neuer Zielansatzpunkt für Therapien gegen Influenzaviren dienen könnte.

Die Forscher aus Hamburg und Marburg untersuchten im Mausmodell zwei Virusstämme der aviären Influenza: einen an Säugetiere angepassten und einen nicht angepassten Stamm. Während der nicht-angepasste Influenzastamm bei den Versuchstieren nur leichte Infektionen der Atemwege verursachte, führte der angepasste Stamm zu einer gestörten Immunabwehr, schweren Lungenentzündungen, Infektionen des Gehirns - und war tödlich. Beim genetischen Vergleich der beiden Stämme entdeckten die Wissenschaftler dann, dass bestimmte Veränderungen (Mutationen) im Gen der viralen Polymerase die Übertragbarkeit der Viren von Vögeln auf Säugetiere und die Menge der Virusnachkommen deutlich erhöhen – und damit ihre Aggressivität. Nach Ansicht von Gülsah Gabriel und ihren Kollegen könne an diesem Enzym eine neuartige Therapie gegen aggressive humanpathogene Grippeviren ansetzen.