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Vor 125 Jahren

Der Welt-Tuberkulose-Tag am 24. März wurde anlässlich der Erstbeschreibung des Erregers der Tuberkulose ausgerufen. Für diese Infektionskrankheit verantwortlich ist das Tuberkel-Bakterium, das von Robert Koch vor 125 Jahren entdeckt worden ist. Im Brennpunkt des „TB World Day“ steht dieses Jahr, insbesondere auf das Problem der multiplen bzw. extremen Medikamentenresistenzen (MDR und XDR) hinzuweisen, um Politikverantwortlichen deutlich zu machen, welchen immensen Nutzen vorbeugende Maßnahmen haben.

Vor 125 Jahren – am 24.03.1882 – beschrieb der berühmte Mediziner Robert Koch, der den Erreger der Infektionskrankheit Tuberkulose entdeckt hat, zum ersten Mal das Tuberkel-Bakterium (auch als Tuberkulose – oder Mycobakterien bezeichnet, die zum so genannten Mycobacterium tuberculosis-Komplex gehören). Zu diesem Anlass findet in Berlin ein internationales Symposium zu Ehren von Robert Koch statt, und die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den 24. März zum Welt-Tuberkulose-Tag („World Tb Day“) ausgerufen. Tuberkel-Bakterien werden in aller Regel durch das Einatmen von infektiösen Tröpfchenkernen (Aerosolen) von Mensch zu Mensch übertragen. Insofern betrifft die Tuberkulose bevorzugt die Lunge, kann aber auch in jedem anderen Organ auftreten.

Derzeitige Situation in Deutschland
2005 wurden in Deutschland insgesamt 6.045 Neuerkrankungen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert – das entspricht 7,9 Erkrankungen pro 100 000 Einwohner. Im Vergleich zum vorhergehenden Jahr traten damit 497 Erkrankungen weniger auf. Nach einem Spitzenwert im Jahr 1993 (mit 14.161 Fällen) setzt sich somit der seit den 90er Jahren zu beobachtende Trend abnehmender Tuberkulosefälle fort. Innerhalb von Deutschland fallen ausgeprägte regionale Unterschiede auf: Insbesondere in Hamburg (10,8 Fälle pro 100.000 Einwohner), Berlin (9,7), Hessen (9,4) und Bremen treten die meisten Tuberkulosefälle auf. Demgegenüber ist das Auftreten von Tuberkulose in Schleswig-Holstein (4,3 Fälle pro 100.000 Einwohner) und Sachsen (5,1) weniger häufig. Bei knapp 80 Prozent der Erkrankten war hauptsächlich die Lunge von der Infektion betroffen. 188 Menschen sind an Tuberkulose gestorben.

Das Problem mit den Multi-Resistenzen
Tuberkulosebakterien, die mindestens gegen zwei der bevorzugt eingesetzten Medikamente (Antituberkulotika) - Isoniazid und Rifampizin – unempfindlich sind, werden als „multidrug-resistant“ (MDR) bezeichnet. Zwischen 2001 und 2004 ist der Anteil von Erregern, die gegen mindestens eines der fünf wichtigsten Erstrangmedikamente resistent sind, von 11,1% auf 13,7% angestiegen und seit 2004 dann auf diesem Niveau geblieben. Dabei wurden resistente und multiresistente Erreger vor allem - und zwar 4,5 Mal so häufig - bei Patienten vorgefunden, die nicht in Deutschland geboren sind. Allerdings erfasst die Meldepflicht in Deutschland nicht den Anteil multiresistenter Keime, so dass das RKI hierüber leider keine Aussagen machen kann.

Behandlungsmöglichkeiten
Patienten, die an einer MDR-Tuberkulose leiden, können mit Reserve-Medikamenten (Reserve-Tuberkulostatika) therapiert werden. Diese sind allerdings nicht nur teurer als die Standardpräparate, sondern sind vor allem auch mit mehr Nebenwirkungen verbunden. Der Therapieerfolg ist umso größer, je weniger MDR-Keim nachgewiesen werden können. Im Jahr 2000 wurde von der WHO eine Arbeitsgruppe mit dem Namen „Stop TB Partnerships Green Light Committee“ ins Leben gerufen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, das Auftreten von MDR-Erregerstämmen zu erfassen und die Versorgung mit Reserve-Tuberkulostatika auch in den Entwicklungsländern zu sichern. Letztes Jahr hat die Arbeitsgruppe eine Studie veröffentlicht, die aufzeigt, dass nicht nur MDR-Keime zunehmend auftreten, sondern auch Keime, die gegen drei wichtige Medikamentenwirkstoffe (Rifampicin, Isoniazid, Fluoroquinolone) unempfindlich sind und zusätzlich Resistenzen aufweisen gegen mindestens einen von drei weiteren Arzneistoffen (Capreomycin, Kanamycin oder Amikacin). Solche Keime werden als extrem resistent („extremly drug resistant“ = XDR) bezeichnet. Gerade das zunehmende Auftreten solcher XDR-Tuberkulosen bereitet den Medizinern große Probleme, da sich eine Antibiotika-Therapie in diesen Fällen als sehr schwer bis unmöglich gestaltet.

Um was geht’s am Welt Tuberkulose Tag?
Die WHO wird am „World TB Day“ gerade auch auf das Problem der Medikamentenresistenz (MDR und XDR) besonders hinweisen, um Politikverantwortlichen deutlich zu machen, welchen immensen Nutzen vorbeugende (präventive) Maßnahmen haben. Entscheidend für die Prävention ist es, diejenigen Risikogruppen zu erkennen, die maßgeblich zur Übertragung der Tuberkulose beitragen. Dies gelingt zum Beispiel durch den Einsatz des so genannten "DNA-fingerprintings" Mit dieser Methode findet man in Deutschland in rund einem Drittel der Fälle identische Erregerstämme, so genannte Cluster, die auf eine „frische“ Übertragung von Tuberkulose hinweisen. Solche Erregerstämme sind meistens gegen mindestens eines der erstrangigen Antibiotika resistent und oft assoziiert mit relativ jungem Alter der Betroffenen sowie Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Alkoholismus und/oder Drogenabhängigkeit. Das hat eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) von insgesamt 1670 Tuberkulosefällen aus 5 deutschen Regionen (Berlin, Hamburg, München, Hannover und Unterfranken/Oberpfalz) aufgezeigt, deren Ergebnisse kürzlich auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Mannheim vorgestellt wurden. Ein weiterer, zukunftsorientierter Schritt ist die präventive medizinische Behandlung latenter Tuberkulose-Infektionen. Außerdem laufen verschiedene Bemühungen, um die Therapietreue von Tuberkulosepatienten zu verbessern. „Nur wenn die Behandlung einer Tuberkulose ausreichend und konsequent durchgezogen wird, lässt sich die derzeit anwachsende Resistenzquote gegen Tuberkulose-Medikamente wieder eindämmen und eine weitere Ausbreitung der Krankheit verhindern“, erläutert Adrian Gillissen, Facharzt für Innere Medizin und Direktor der Robert-Koch-Klinik in Leipzig.