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Verbesserte Methode macht maschinelle Beatmung fast überflüssig

Zu früh geborenen Babys wird am Universitätsklinikum Bonn ein Schutzfilm für die Lungenbläschen über eine spezielle Sonde verabreicht. Das verhindert in den meisten Fällen, dass sie maschinell beatmet werden müssen und ihre empfindlichen Lungen dadurch Schaden nehmen.

Die Lungen von Frühgeborenen sind meist unreif und drohen beim Ausatmen zu kollabieren, also in sich zusammenzufallen. Der Grund dafür ist, dass Frühchen für ihre Lungenbläschen noch keinen Schutzfilm (Surfactant) bilden können. Dieses Gemisch aus Eiweißen und Fetten senkt die Oberflächenspannung der Lungenbläschen. Daher fallen die Lungenbläschen wie ein Zelt ohne Stangen beim Ausatmen in sich zusammen, wenn es an Surfactant fehlt. Bisher wurde Frühchen Surfactant üblicherweise unter maschineller Beatmung gegeben. Die Ende der 80er Jahre eingeführte zusätzliche Gabe von aus Tierlungen gewonnenem Surfactant über den Beatmungsschlauch in die Lunge verbesserte zwar die Überlebenschancen kleiner Frühgeborener enorm. Andererseits droht eine maschinelle Beatmung direkt nach der Geburt die Lungen von Neugeborenen zu beschädigen, da sie das empfindliche Gewebe überdehnen kann. Etwa jedes fünfte, vor der 33. Schwangerschaftswoche geborene Baby leidet als Folge der maschinellen Beatmung unter einer chronischen Lungenkrankheit, der so genannten Bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) und entwickelt ein lebensgefährliches Atemnotsyndrom. Die betroffenen Säuglinge leiden unter Luftnot, erhöhter Herzfrequenz und erhöhtem Kalorienverbrauch aufgrund der verstärkten Atemarbeit. Außerdem drohen schwere Atemwegsinfektionen, Rechtsherzbelastung sowie Wachstums- und Entwicklungsstörungen.

Neonatologen um Professor Dr. Dr. Peter Bartmann, Direktor der Neonatologie am Universitätsklinikum Bonn wollen deshalb auf eine mechanische Beatmung möglichst verzichten. Stattdessen führen sie den Frühchen in den ersten Minuten nach der Geburt über eine spezielle Sonde, die so dünn wie eine Kugelschreibermine ist, Surfactant über die Nase direkt in die Luftröhre zu, während das Kind spontan und normal atmet. Nach Angaben der Mediziner konnte auf diese Weise der Anteil der maschinell beatmeten Kinder, die vor der 33. Schwangerschaftswoche auf die Welt kamen, von 65 Prozent auf 52 Prozent gesenkt werden. Zudem reduzierten sich die Beatmungstage von durchschnittlich elf auf fünf Tage. Insgesamt könne eine sanftere Pflege der Frühchen erreicht und das Auftreten einer Bronchopulmonalen Dysplasie von 20 Prozent auf 9 Prozent verringert werden.

„Auch extrem kleine Frühgeborene können bereits selber atmen“, erklärt Dr. Markus Treichel, Oberarzt in der Abteilung Neonatologie am Universitätsklinikum Bonn. Man müsse sie nur bei der spontanen Atmung etwas unterstützen. „Etwa 30 Tropfen Surfactant, die sich von der Luftröhre in die Lunge verteilen, genügen. Diese Prozedur dauert nur einige Minuten, erfordert aber viel Erfahrung. Die Sonde ist kleiner als der Kehlkopf und die Kinder können selbständig weiter atmen. Demgegenüber verlegt bei einer Intubation der Beatmungsschlauch die Atemwege“. Meist reiche eine Gabe Surfactant, denn schon rasch nach der Geburt beginnen die Säuglinge, selbst Surfactant zu bilden. Anschließend wird über eine Maske Atemluft unter leichtem Überdruck in die Atemwege transportiert. Dieser leichte Überdruck hält die Lungen offen. „Die Kinder atmen also selbständig und regulieren ihre Atmung selber“, berichtet Treichel. „Daher müssen wir sie normalerweise nicht mehr maschinell beatmen - außer sie erschöpfen sich oder erkranken an einer Lungenentzündung.“