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Ursache für Atemprobleme nach Corona-Infektion gefunden

Warum bei manchen Patient:innen während der Covid-19-Erkrankung Probleme bei der Sauerstoffaufnahme auftreten, haben Forscher der Universitätsklinik Tübingen untersucht.

Ende 2019 wurde das Coronavirus SARS-CoV2 erstmals als Auslöser einer neuartigen Lungenkrankheit gemeldet und nahm in nur knapp vier Monaten globale Ausmaße an. Verläuft die Viruserkrankung schwer, kann sie bei Betroffenen zu einem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) führen. Die Ursachen für diese frühe Sauerstoffnot haben Prof. Dr. Lukas Flatz und Dr. Tobias Sinnberg von der Sektion für Dermatoonkologie an der Universitäts-Hautklinik Tübingen im Rahmen einer internationalen Studie erforscht – und zwar anhand der sogenannten Autoantikörper, die sich gegen Strukturen in der Lunge der an Covid-19 erkrankten Personen richten (siehe American Journal of Respirators and Critical Care Medicine, online seit 3.8.2022). Hierfür nahmen sie Blutproben sowie Lungengewebe und -flüssigkeit von schwer erkrankten Covid-19-Patient:innen aus Krankenhäusern in der Schweiz und Deutschland genauer unter die Lupe. Eine schwere Covid-19-Erkrankung lag dann vor, wenn aufgrund von SARS-CoV-2 Sauerstoff zugeführt werden musste.

Ergebnisse vorangegangener Forschungen konnten bereits zeigen, dass die Lungen von Covid-19-Patienten und -Patientinnen jenen gleichen, die zwar nicht mit SARS-CoV-2 infiziert waren, aber dennoch akutes Lungenversagen aufweisen oder zum Teil oder vollständig kollabiert sind. Atemprobleme zeigten sich dabei noch bevor die durch das Coronavirus ausgelösten Organschäden die Lunge erreichten. Die Ursache des coronabedingten Lungenversagens sind offenbar die infolge der  Corona-Infektion gebildeten Autoantikörper, die wiederum körpereigene Antigene bilden.

„Wir konnten zeigen, dass bei Patienten und Patientinnen mit schwerem Covid-19-Verlauf während der frühen Immunantwort auf die Infektion eine schnelle und anhaltende Produktion des Antikörpers Immunglobulin A (IgA) erfolgt“, erklärt Dr. Sinnberg, Erstautor der Studie. Die Folge sind erhöhte IgA-Werte. IgA sind Eiweiße, die zum Immunsystem des Körpers gehören und sowohl im Blut als auch in den Schleimhautsekreten vorkommen. Auf den Schleimhäuten bilden sie einen Schutz gegen Krankheitserreger wie das Coronavirus, indem sie sie neutralisieren und diese nicht weiter in den Körper eindringen können.

Fatalerweise binden diese IgA-Antikörper aber offenbar auch an Proteine des Surfactants, einem Oberflächenfilm, den die Schleimhautzellen in der Lunge zum Schutz der Alveolen (Lungenbläschen) produzieren. Eigentlich sind diese Proteine für den Sauerstoffaustausch in der Lunge notwendig, und zusammen mit dem Surfactant sind sie essenziell für die Stabilität der Lungenbläschen. Die Studienergebnisse zeigen nun, dass bei einer Infektion mit dem Coronavirus die erhöhten Werte des IgA-Antikörpers zu einem Mangel an diesem Schleimhautsekret (Surfactant) führen. „In der Folge kollabieren die Lungen, es entsteht Atemnot“, erklärt Prof. Flatz.  Betroffene Patienten und Patientinnen benötigen daher Unterstützung beim Atmen durch zusätzlich zugeführten Sauerstoff.

Quelle: Universitätsklinikum Tübingen