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Sport im Freien bei hoher Feinstaubbelastung nicht ratsam

In Gegenden mit hohen Feinstaubbelastungen schützt intensiver Sport nicht vor Herzerkrankungen und Schlaganfällen – im Gegenteil. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende von der Universität Seoul und schlussfolgern: Training in schmutziger Luft hat infolge von oxidativem Stress in Blutgefäßen und Gehirn für die Gesundheit mehr Nach- als Vorteile.

Körperliche Aktivität ist nur bei sauberer Luft gesundheitsförderlich. Bei hohen Feinstaubbelastungen hingegen fördert sie koronare Komplikationen und Schlaganfälle, wie eine Gruppe um Seong Rae Kim von der Universität Seoul berichtet (siehe European Heart Journal, online am 1.4.2021).

Die Wissenschaftler werteten die Daten von mehr als 1,4 Millionen kardiovaskulär gesunden Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 39 Jahren aus, die zwischen 2009 und 2012 an zwei Erhebungen zur Gesundheit teilgenommen hatten. Die körperliche Aktivität der Befragten bildeten sie in sog. MET-Minuten pro Woche (Minuten mit metabolischen Äquivalenten pro Woche) ab. Zusätzlich ermittelten sie den Grad der Luftverschmutzung am Wohnort der Probanden, wofür sie auf die Daten des südkoreanischen Luftqualität-Monitoringsystems zurückgriffen.

In Gegenden mit geringer bis mäßiger Luftverschmutzung zeigte sich: Im Vergleich zu denjenigen, die dauerhaft sehr intensiv Sport trieben (? 1000 MET-Minuten pro Woche), nahm bei Personen, die ihr Sportpensum reduzierten oder gar keinen Sport mehr trieben, das kardiovaskuläre Risiko zu. In Gegenden mit hohen Feinstaubbelastungen schützte intensiver Sport nicht vor Herzerkrankungen und Schlaganfällen – im Gegenteil: Wer dort regelmäßig intensiv an der vermeintlich frischen Luft trainierte, erkrankte überproportional häufig an Herz und Kreislauf (siehe European Heart Journal, online am 1.7.2021).

Verdreckte Luft stellt einen der bedeutsamsten Risikofaktoren für Gesundheitsschäden dar, konstatiert Prof. Dr. Thomas Münzel vom Universitätsklinikum Mainz und verweist auf Schätzungen, denen zufolge die Luftverschmutzung weltweit neun Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr verursacht. Laufsport in Gegenden mit sauberer Luft wirkt kardioprotektiv, bei hohen Feinstaubwerten bewirkt er aber offenbar das Gegenteil, fasst er die Ergebnisse der südkoreanischen Studie zusammen und erläutert die Mechanismen hinter den Gesundheitsschäden: Die winzigen Partikel und reaktiven Gase aktivieren Immunzellen, erhöhen den oxidativen Stress im Gefäßsystem und im Gehirn und begünstigen eine endothele Dysfunktion. Ähnlich wie Diabetes und Bluthochdruck fördert der Feinstaub Arterienverkalkung (Atherosklerose) und kardiometabolische Erkrankungen. Zudem scheint er das sympathische Nervensystem zu aktivieren und die Freisetzung von Stresshormonen zu triggern.

Insbesondere Menschen in Großstädten sollten bei sportlicher Aktivität im Freien die Luftqualität nicht außer Acht lassen, empfiehlt der Kardiologe. Dank der Technik sei es mittlerweile möglich, die Schadstoffexposition anhand von Sensor-, Satelliten- und GPS-Daten darzustellen und individuell abzuschätzen, ob Sport ohne negative Gesundheitsfolgen möglich ist.

Quelle: Medical Tribune am 22.7.2021