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Schiffsabgase wirken auch auf Makrophagen toxisch

Die Fresszellen des Immunsystems (Makrophagen) reagieren noch empfindlicher auf Schweröl- und Dieselemissionen bei der Schifffahrt als Lungenepithelzellen.

Schiffsabgase belasten die Gesundheit der Küstenanwohner. 2015 wurde bereits nachgewiesen, dass Partikelemissionen aus Schweröl- und Destillatkraftstoff (Diesel) menschliche Lungenzellen beeinflussen und für starke biologische Reaktionen der Zellen verantwortlich sind. Es werden z.B. Entzündungsprozesse ausgelöst, die auch Einfluss auf die Entstehung interstitieller Lungenerkrankungen haben können. Welchen Einfluss Schiffsabgase auf Makrophagen in der Lunge ausüben, haben nun Wissenschaftler um Prof. Dr. Ralf Zimmermann vom Helmholtz Zentrum München mit Kollegen der Universität Rostock und der Universität Luxemburg, des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin, des Karlsruher Instituts für Technologie und der Universität Eastern Finland untersucht (siehe PLOS ONE, Online-Veröffentlichung am 27.6.16). Da Makrophagen zum Beispiel auch bei Lungenerkrankungen wie COPD eine entscheidende Rolle spielen, können die Studienergebnisse dazu beitragen, effektivere Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zu entwickeln.

Makrophagen sind wesentlich empfindlicher als Lungenepithelzellen und reagieren somit auch stärker auf eine Belastung (Exposition). „Makrophagen sind als Fresszellen des Immunsystems bekannt und reagieren empfindlicher auf in der Lunge abgeschiedene Partikel als Lungenepithelzellen, da sie sozusagen die first line of response zur Bekämpfung von in die Lunge eingedrungenen Fremdkörpern wie Keimen oder eben auch Feinstaubpartikeln darstellen“, erklärt Sean Sapcariu, Erstautor der Studie und Doktorand an der Universität Luxemburg, einem der Kooperationspartner im Helmholtz Virtual Institute of Complex Molecular Systems in Environmental Health (HICE). „Wir konnten für die Schiffsemissionen bei den unterschiedlichen Kraftstoffen Schweröl und Diesel unterschiedliche Effekte auf die Auslösung von Entzündungsreaktionen finden“, so Sapcariu. Feinstäube aus Schwerölemissionen haben zwar einen stärkeren Einfluss auf das Entstehen von Entzündungsreaktionen als Partikel, die beim Betreiben von Schiffsmotoren mit Diesel emittiert werden, letztere aktivieren allerdings andere biologische Effekte. So werden unter anderem die DNA-, RNA- und Proteinsynthese stärker beeinflusst.

„Wir haben dann festgestellt, dass die emittierten Partikel sowohl aus den Schweröl- als auch aus den Dieselemissionen ähnlich hohe toxische Wirkungen auf die Makrophagen hatten. Die toxischen Effekte, die zum Absterben von Zellen führen, sind bei den Schwerölemissionen überraschenderweise sogar etwas geringer, obwohl die Konzentrationen bekannter Schadstoffe in den Schwerölemissionen viel höher sind“, fügt Prof. Zimmermann hinzu, der Sprecher des HICE, Leiter der Kooperationsgruppe Comprehensive Molecular Analytics (CMA) am Helmholtz Zentrum München sowie Leiter des Lehrstuhls für Analytische Chemie an der Universität Rostock ist.

„Der zurzeit propagierte und teilweise schon umgesetzte Verzicht auf Schweröl in der küstennahen Schifffahrt bringt für den Gesundheitsschutz der Menschen in den Küstengebieten daher wahrscheinlich weniger als erwartet. Die einfachste und sicherste Maßnahme gegen diesen Missstand wäre die Einführung von effizienten Abgaspartikelabscheidern auch in der Schifffahrt. Denn diese würden die schädliche feinen Partikel aus dem Abgas herausfiltern und somit die Gesundheitsauswirkungen der Emissionen sicher reduzieren, und das unabhängig vom verwendeten Kraftstoff. Da derartige Maßnahmen in der Regel nicht auf freiwilliger Basis erfolgen, besteht aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf für die Politik und bei nationalen und europäischen Fachbehörden“, betont Prof. Zimmermann.
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt