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Reichen 20 Millionen Dosen Grippe-Impfstoff in dieser Saison?

Fast doppelt so viele Menschen wie in den letzten Jahren wollen sich in diesem Jahr in Deutschland gegen Grippe impfen. Das ergab eine aktuelle Blitzumfrage des Europressedienstes, die von den Lungenärzten-im-Netz in Auftrag gegeben wurde. Nun häufen sich die Meldungen, dass die große Nachfrage zu Engpässen in der Versorgung mit dem Grippeimpfstoff führt.

Laut einer Blitzumfrage des Europressedienstes aus Bonn im Auftrag des Internetdienstes „Lungenaerzte-im-Netz“ unter mehr als 1.000 Bundesbürgern wollen sich in dieser Saison fast doppelt so viele Menschen gegen Grippe impfen lassen als in den vergangenen Jahren. Schon in den letzten Tagen gab es Meldungen, dass es in einigen Regionen Deutschlands zu Engpässen bei der Versorgung mit Grippeimpfstoff gekommen ist. Davon betroffen sind insbesondere die neuen Bundesländer, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. „Möglicherweise gibt es in diesem Jahr eine größere Nachfrage nach Grippeimpfungen als in den vergangenen Jahren“, erklärt Dr. Susanne Stöcker, Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Langen. „Vor allem aber hat es bei allen Herstellern Verzögerungen in der Produktion gegeben, weil einer der Virusstämme sehr schlecht angewachsen ist“, so Stöcker weiter.

In diesem Jahr sind für Deutschland 20 Millionen Dosen mit dem aktuellen Impfstoff gegen Influenza zugelassen worden. Bis Ende September konnte das Bundesamt für Sera und Impfstoffe (Paul-Ehrlich-Institut) 16 Millionen Dosen freigeben. Die restlichen vier Millionen Impfstoff-Dosen werden voraussichtlich Ende Oktober und im November ausgeliefert. Damit stehen in dieser Saison mehr Impfstoffdosen zur Verfügung als in der Saison 2004/2005 verbraucht wurden. Doch in diesem Jahr scheint es deutlich mehr Menschen zu geben, die sich vor einer Grippe schützen wollen. Apotheker in Nordrhein-Westfalen berichten, dass sie die Praxen in einigen Regionen des Bundeslandes nicht mehr mit den benötigten und angeforderten Dosen beliefern können. „Sollten sich aus Angst vor der Vogelgrippe sehr viel mehr Menschen gegen die normale Influenza impfen lassen wollen als im vergangenen Jahr, könnte es eng werden, denn eine Nachproduktion von Impfstoff ist nicht möglich“, verweist Stöcker auf den langen Vorlauf bei der Produktion des alljährlichen Grippeimpfstoffes.

Ein Drittel der Deutschen hat Angst vor der Vogelgrippe
In der Blitzumfrage für den Internetdienst „Lungenärzte-im-Netz“, der von dem Berufsverband der Pneumologen und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie herausgegeben wird, gaben mehr als 30% der Befragten an, dass sie sich von der Vogelgrippe bedroht fühlen. Experten vermuten deshalb, dass sich viele Menschen auch aus Angst vor der in Asien grassierenden Vogelgrippe impfen lassen. „Viele unserer Patienten sind verunsichert und verlangen nach einer Impfung. Darunter auch Menschen, die nicht zur klassischen Zielgruppe für die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene jährliche Grippeschutzimpfung gehören“, berichtet Dr. Michael Barczok, niedergelassener Pneumologe im Lungenzentrum Ulm und Medienbeauftragter des Bundesverbands der Pneumologen (BdP) aus seiner Praxis. Die STIKO am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin empfiehlt die Grippeschutzimpfung für Menschen über 60 Jahre, für Patienten aller Altersgruppen mit einer chronischen Erkrankung und für Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten, eine Pflegetätigkeit ausüben oder häufig mit anderen Menschen in Kontakt kommen.

Experten warnen allerdings vor falschen Erwartungen an die Influenzaimpfung. „Der Grippe-Impfstoff bietet – nach allem was wir wissen - keinen Schutz vor dem aggressiven Vogelgrippe-Virus vom Subtyp H5N1, denn dazu sind die jeweiligen Erreger zu verschieden. Durch die Grippeimpfung kann aber verhindert werden, dass im menschlichen Organismus menschliche Grippe-Viren und Vogelgrippe-Viren aufeinander treffen und dadurch ein neuer, lebensgefährlicher Erreger entsteht“, erklärt Stöcker. „Dieses neue Supervirus könnte dann die Fähigkeit haben, sich schnell von Mensch zu Mensch auszubreiten und eine weltweite Grippe-Epidemie, die Millionen Menschen das Leben kostet, auslösen.“ Für den Lungenexperten Barczok hat der Grippeschutz aber noch weitere Vorteile: „Selbst wenn die Grippe-Impfung nicht direkt gegen Vogelgrippe wirksam ist, werden durch eine Impfung die Abwehrkräfte insgesamt verbessert. Deshalb sollten insbesondere Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen oder anderen Grunderkrankungen sich jetzt dringend für eine Grippeimpfung bei ihrem Arzt einen Termin geben lassen, denn bis sich der volle Impfschutz einstellt, kann es 2-3 Wochen dauern. Auch im November oder Dezember kann man sich noch gegen Grippe impfen lassen – vorausgesetzt es gibt dann auch noch Impfstoff“, rät Barczok.

Ärzte und Apotheker müssen sich auf höhere Nachfrage einstellen
In der vergangenen Grippesaison gab es nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) des RKI 15.000 bis 20.000 grippebedingte Todesfälle. Die Zahl der Klinikeinweisungen war mit geschätzten 22.000 bis 32.000 Fällen fast viermal so hoch wie im Winter 2003/2004. Die aktuellen Zahlen belegen, dass sich immer mehr Menschen in Deutschland vor einer Virusgrippe schützen wollen. Aufgrund des komplizierten Produktionsprozesses und der etwa halbjährigen Vorlaufzeit beginnen bereits jetzt die Planungen für den Impfstoffbedarf in der Saison 2006/2007. Ärzte und Apotheker sollten das berücksichtigen und sich jetzt schon um genügend Impfdosen für die kommende Grippesaison kümmern. Denn sonst ist im nächsten Jahr der Impfstoffmangel vorprogrammiert.

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