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Potenziell neuartige Antibiotika gefunden

Vielversprechende Wirkstoffe aus Mangrovenpflanzen, die aktiv sind gegen antibiotikaresistente Keime, ohne dabei menschliche Zellen zu schädigen, haben Forscher aus Jena entdeckt:

Multiresistente Keime sind eine immer häufiger auftretende Komplikation. Insbesondere in Krankenhäusern gibt es gelegentlich das Problem, dass bakterielle Keime auftreten, die gegen die meisten gebräuchlichen Antibiotika unempfindlich (resistent) sind. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums in Deutschland sterben jedes Jahr mindestens 7.500 bis 15.000 Menschen an Infektionen im Krankenhaus – Tendenz steigend. Neue Wirkstoffe gegen Infektionen werden also dringend benötigt.

Wirklich vielversprechend sind die neuen Wirkstoffe, die Ling Ding und Martin Baunach vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) bei ihrer Forschung an Bakterien aus Mangrovenpflanzen entdeckt haben: Sie sind aktiv gegen antibiotikaresistente Keime, ohne menschliche Zellen zu schädigen (siehe Angewandte Chemie International Edition, Online-Veröffentlichung am 14.9.2015). Dabei handelt es sich jedoch nicht um gänzlich unbekannte Verbindungen. Bereits vor über hundert Jahren wurden ähnliche Wirkstoffe, die Sulfonamide, synthetisch hergestellt. 1935 entdeckte der spätere Nobelpreisträger Paul Domagk die Wirksamkeit der Sulfonamide gegen bakterielle Erkrankungen. Diese Entdeckung läutete den medizinischen Einsatz der Sulfonamide als Antibiotika ein.

Während die meisten Antibiotika aus Bakterien und Pilzen gewonnen werden, entstehen die bislang bekannten Sulfonamide im Reagenzglas und wurden in der Natur nie gefunden. Umso überraschter waren die HKI-Wissenschaftler also, als sie ähnliche Verbindungen in Bakterien entdeckten, die natürlicherweise in Mangrovenpflanzen leben. „Teile der Wirkstoffe, die wir gefunden haben, weisen eine frappierende Ähnlichkeit mit den alten Verbindungen aus dem beginnenden 20. Jahrhundert auf“, berichtet Martin Baunach, der in der Abteilung Biomolekulare Chemie am HKI promoviert. „Schaut man sich dann aber den genauen Aufbau an, so stellt man fest, dass sie sich in einem für die Wirkung wichtigen Abschnitt unterscheiden. Demnach scheint die Natur nicht dieselben Mechanismen zu nutzen, die die synthetischen Stoffe zu solch wirksamen Antibiotika macht – vielmehr handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen neuartigen Wirkmechanismus.“

Die Unterschiede zu den synthetisch hergestellten „klassischen“ Sulfonamiden könnten sich nun als Vorteil für die neuen Naturstoffe erweisen: Vor allem im Einsatz gegen multiresistente Krankheitserreger sind Wirkstoffe mit abweichendem chemischen Aufbau von Bedeutung. Sie können gefährliche Erreger anders und in unerwarteter Weise angreifen und eignen sich somit für die Weiterentwicklung zum Medikament.

Quelle: Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI)