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Neuer Therapieansatz gegen COPD?

Eine neu entdeckte Substanz aus extremophilen Bakterien scheint die Beschwerden einer COPD effektiv zu lindern und die zugrundeliegenden Entzündungsprozesse abzuschwächen. Das berichten Forscher des Leibniz-Instituts für umweltmedizinische Forschung aufgrund einer Inhalationsstudie mit Probandinnen aus dem Ruhrgebiet.

Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung COPD ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die dritthäufigste Todesursache unserer Zeit. Die Erkrankung wird durch langjähriges Einatmen luftgetragener Schadstoffe wie Zigarettenrauch oder Umweltpartikel (z.B. Feinstaub) ausgelöst. Eine von diesen Fremdstoffen ausgelöste chronische Entzündungsreaktion wird für die Entstehung und das Voranschreiten der Erkrankung verantwortlich gemacht. Da die Therapie der Erkrankung immer noch problematisch ist, suchen Wissenschaftler und Ärzte nach neuen Wegen zur Behandlung.

Am Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF) wird die Wirkung von Naturstoffen aus der Gruppe der so genannten Extremolyte auf Effekte, die Umweltpartikel auf die Atemwege ausüben, seit Jahren untersucht. „In mehreren vorklinischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass diese Stoffe in der Lunge einerseits vorbeugend gegen die von Partikeln ausgelöste Entzündung wirken und andererseits eine bestehende Entzündung rascher zum Abklingen bringen können“, berichtet PD Dr. Klaus Unfried, Leiter der Studien. „Dabei konnten wir wesentliche Erkenntnisse darüber gewinnen, wie inhalierte Partikel in den Atemwegen zur Entstehung von Erkrankungen beitragen.“

Extremolyte sind Naturstoffe, die aus Mikroorganismen (z.B. Bakterien) stammen, die unter extremen Bedingungen, wie Hitze, Kälte, Dürre oder hohen Salzkonzentrationen leben. Durch die Anreicherung von Schutzmolekülen, so gennanten Extremolyten, werden die biologischen Strukturen der Mikroorganismen so stabilisiert, dass sie in der Lage sind, mit extremem Umweltstress umzugehen. Dabei verringern verschiedene Extremolyte auch zelluläre Stressreaktionen, die von Umweltpartikeln in der Lunge ausgelöst werden, deutlich – das haben die Forschungsarbeiten ebenfalls gezeigt. Das Extremolyt Ectoin, das aus Bakterien gewonnen wird, die unter hohen Salzkonzentrationen leben, hat sich in diesen Untersuchungen als besonders wirksam erwiesen.

In einer frisch veröffentlichten Studie des IUF wird nun erstmals der Einsatz von Ectoin als Inhalationslösung beim Menschen beschrieben (siehe International Journal of Chronic Obstructive Pulmonary Disease 2016, Band 11/1, Seite: 2573-2583). In dieser zusammen mit dem Universitätsklinikum Düsseldorf und einer Firma aus Witten durchgeführten Studie wurden Probandinnen aus dem Ruhrgebiet, die umweltbedingte, nicht krankhafte, leicht erhöhte Entzündungswerte der Lunge aufwiesen, gebeten, Ectoin regelmäßig zu inhalieren. Die Effekte von Ectoin auf die Atemwege wurden mit der Inhalation von physiologischer Kochsalzlösung verglichen. Ergebnis: Die Behandlung mit dem Naturstoff Ectoin führte zu einer deutlichen Verringerung von Entzündungszellen in den Atemwegen und zu einer Verbesserung typischer Anzeichen einer chronischen Lungenentzündung. Die Inhalation des Naturstoffes wurde von allen Probandinnen sehr gut vertragen. Es konnten keine unerwünschten Nebenwirkungen beobachtet werden.

Ectoin hat bereits viele Anwendungen in Medizinprodukten für Haut, Auge und Nasenschleimhaut. Diese Grenzflächenorgane sind besonders den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt. Die aktuelle Studie zeigt, dass eine Inhalationslösung mit dem Naturstoff Ectoin erfolgreich in den Atemwegen angewendet werden und dort Gesundheitsschäden von Umweltpartikeln vermindern und der chronischen Lungenentzündung entgegenwirken kann. „Da diese Art der Entzündung maßgeblich an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Krankheit COPD beteiligt ist, sehen wir ein großes Potenzial für die Prävention und Therapie von Patienten mit dieser Erkrankung“, erklärt Prof. Jean Krutmann, Direktor des IUF.

Quelle: Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung gGmbH (IUF)