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Neue Therapien gegen Volkskrankheit Lungenentzündung

Nach wie vor stirbt jeder Zehnte, der in Deutschland wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus behandelt werden muss – und das trotz der Behandlung mit Antibiotika. Um neue Behandlungsansätze zu entwickeln, erforschen Lungenärzte an der Berliner Charité, wie Krankheitserreger die Lunge angreifen und wie das Organ diesen Attacken begegnet.

In Deutschland erkranken jährlich etwa 750.000 Menschen an einer Lungenentzündung (Pneumonie). Davon müssen 240.000 Fälle stationär behandelt werden, jeder zehnte Betroffene stirbt trotz Antibiotikatherapie. Die ambulant erworbene Pneumonie oder „community acquired pneumonia“ (CAP) entspricht hinsichtlich der Anzahl Betroffenen einer Volkskrankheit wie Herzinfarkt und Schlaganfall, stellt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) fest. Um der Krankheit in Zukunft wirksamer begegnen zu können, entwickeln Experten derzeit neue Behandlungsansätze, die erstmals auf dem 118. Internistenkongress vom 14.-17. April in Wiesbaden vorgestellt werden.

Bereits im Jahr 1938 untersuchten die englischen Wissenschaftler Mary Evans und Wilfrid Gaisford in einer plazebo-kontrollierten Studie die Wirksamkeit einer Antibiotikatherapie zur Behandlung von Lungenentzündungen. Wie die Forscher berichten, starben ohne Antibiotika 27 Prozent der Patienten, mit Antibiotika waren es acht Prozent. „Seit 70 Jahren hat sich an den Zahlen kaum etwas verändert“, erklärt Prof. Dr. med. Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. „Auch heute sterben circa zehn Prozent der im Krankenhaus behandelten Patienten trotz rechtzeitiger und treffender Antibiotikagabe, wir brauchen deshalb dringend moderne therapeutische Ansätze als Ergänzung zur Antibiotikatherapie.“

Bei einer Pneumonie handelt es sich um eine Entzündung des Lungengewebes, verursacht durch Bakterien, Viren oder Pilze. „Einem UNICEF-Report zufolge tötet die CAP weltweit mehr Kinder unter fünf Jahren als Malaria, AIDS und Masern zusammen“, betont der DGIM-Vorsitzende und diesjährige Kongresspräsident, Prof. Dr. med. habil. Joachim Mössner aus Leipzig. Im Unterschied zu den ambulant erworbenen Pneumonien ziehen sich Patienten die so genannten nosokomialen Pneumonien während oder nach einem Krankenhausaufenthalt zu. Hieran erkranken in Deutschland rund 200.000 Patienten im Jahr.

Um neue Strategien zu entwickeln, erforschen Suttorp und sein Team in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereich (SFB TRR 84), wie Krankheitserreger die Lunge angreifen und wie das Organ diesen Attacken begegnet. „Die Lunge muss minütlich den Gasaustausch gewährleisten und gleichzeitig die Krankheitserreger abwehren“, erklärt Suttorp, der auch Mitglied der DGIM-Task Force „Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin“ ist. Die Immunabwehr sei bei einer Pneumonie ganz anders organisiert als zum Beispiel bei einer Entzündung des Bauchfells.

Die Wissenschaftler erforschen unter anderem Eiweißstoffe, so genannte antimikrobielle Peptide, die vom Lungenepithel hergestellt (exprimiert) werden, um Krankheitserreger abzuwehren. Sie untersuchen auch, warum Patienten z.B. nach einem Schlaganfall derart abwehrgeschwächt sind, dass sie sich leicht eine Pneumonie zuziehen. Außerdem wollen sie klären, woher Immunzellen wissen, ob Bakterien lebendig oder tot sind, und die Abwehr dann dementsprechend regulieren. „Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unseren Ansätzen neue Erkenntnisse sammeln werden, die letztlich dem Patienten zugute kommen“, so Suttorp.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V.