Lungenärzte im Netz

Ihre Experten für gesunde Atemwege

Herausgeber:

Lungenschäden nach Covid-19 mit schwerem Verlauf

Schwere Covid-19-Erkrankungen können auch nach vier Monaten noch anhaltende Beeinträchtigungen der Sauerstoffaufnahme der Lunge zur Folge haben. Darauf weist auch eine aktuell veröffentlichte Studie aus der Schweiz hin. Die Langzeitbeobachtung und Behandlung der betroffenen Patienten sei daher wichtig und dringlich.

Bereits im Sommer 2020 berichteten verschiedene Studien von andauernden Symptomen und möglicherweise bleibenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung. Den mittel- und langfristigen Krankheitsverlauf, insbesondere bezogen auf die Lunge, anhand klinischer Daten zu dokumentieren, war auch das Ziel einer kürzlich (im European Respiratory Journal am 7.1.2021 online) veröffentlichten Beobachtungsstudie unter Leitung der Universitätsklinik für Pneumologie am Inselspital der Universität Bern und unter Mitwirkung des Department for Biomedical Research (DBMR). An dieser Studie nehmen mittlerweile neun Zentren in der ganzen Schweiz teil, darunter die Pneumologie-Zentren des Tessins, der Romandie und der Deutschschweiz, und tragen damit dazu bei, wichtige Grundlagen für die klinische Betreuung von Covid-19-Langzeitpatienten zusammenzustellen.

Die vorliegende erste Auswertung der sog. „Swiss national Covid-19 lung study“ nach vier Monaten zeigt besonders nach schweren Covid-19 Erkrankungen eine deutliche funktionelle Beeinträchtigung der Lunge. Die funktionelle Veränderung wurde anhand einer verminderten Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO) festgestellt. Nach einer schweren Covid-19-Erkrankung betrug die mittlere DLCO 76 % (Median) des erwarteten Wertes. Das heißt: Noch 4 Monate nach der Infektion vermindert eine schwere Covid-19-Erkrankung die Sauerstoffaufnahme der Lunge im Durchschnitt um einen Fünftel gegenüber dem erwarteten Wert einer gesunden Person.

Auch die systematische Auswertung der computertomografischen Lungenaufnahmen weist auf Beeinträchtigungen hin. Prof. Lukas Ebner, Leitender Arzt und Leiter Thorax-Bildgebung am Universitätsinstitut für Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie in Bern erläutert: „Obwohl die Darstellung der initialen Covid-19-Pneumonie im bildgebenden Verfahren relativ charakteristisch ist, sind die mittel- und langfristigen radiologischen Manifestationen derzeit noch nicht ausreichend verstanden. Neben Schädigungen des Lungengewebes, die auf Folgen der schweren Pneumonie zurückgeführt werden können, zeigt das CT-Bild auch eine mögliche Beteiligung der kleinen Atemwege an, die nach Covid-19 ein ziemlich charakteristisches Bild ergibt. Unser interdisziplinärer Zugang zeigt, wie wichtig es ist, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und dabei sowohl die zeitliche Entwicklung radiologischer, klinischer und funktioneller Parameter zu untersuchen, um mögliche Schäden durch Covid-19 in der Lunge zu verstehen."

In dieser ersten Publikation wurden die Daten von 113 Patientinnen und Patienten ausgewertet. 66 wiesen einen schweren bis kritischen und 47 einen milden bis mäßig-schweren Verlauf auf. Erhoben wurden Daten zur die Lungenfunktion (inkl. Atemmuskelkraft), die Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO), ein 6-Minuten-Gehtest, sowie CT-Aufnahmen der Lunge. Bekannte Risikofaktoren wie BMI, Rauchen, Alter und Vorerkrankungen etc. wurden ebenfalls erfasst.

„Unsere Studie hat in kürzester Zeit eine schweizweite Datenerhebung der Lungenfunktion von Patienten nach COVID-19 ermöglicht. Die bisher ausgewerteten Daten und die künftigen Erkenntnisse sind wichtig, um Fragen zu Langzeitfolgen für die Lunge von Covid-19 beantworten zu können. Nur aufgrund von Daten aus solchen Studien wird es uns gelingen, Patientinnen und Patienten langfristig optimal zu unterstützen und zu behandeln“, fasst die Initiatorin der Studie, PD Manuela Funke-Chambour, zusammen.

Die nachgewiesenen Veränderungen der Lunge sind ein deutliches Warnsignal. Eine Covid-19-Erkrankung ist nach einer Akutphase längst noch nicht überwunden. Die Einschränkungen werden durch die zusätzlich beschriebenen neurologischen und kardiovaskulären Befunde noch verstärkt. Die Forschenden der „Swiss national Covid-19 lung study“ weisen mit Nachdruck darauf hin, dass Patientinnen und Patienten auch nach der Akutphase von Covid-19 dringend medizinisch in Kompetenzzentren multidisziplinär betreut und begleitet werden müssen.  

Prof. Thomas Geiser, Mitinitiator der Studie und neuer Direktor für Lehre und Forschung der Insel Gruppe, betont: „Covid-19 stellt sehr hohe und teils neue Anforderungen an unsere Forschungstätigkeit. Ein großer Zeitdruck zusammen mit einer Krankheit, die zahlreiche Organsysteme irreversibel beeinträchtigen kann, zwingt uns zu neuen Arbeitsformen. Wir fokussieren auf innovative Forschungsansätze, die rasch umsetzbar sind. Im vorliegenden Projekt sind die schnell etablierte, multizentrische und interdisziplinäre Zusammenarbeit und der mittel- bis langfristige Beobachtungshorizont hervorzuheben.“

Quelle: Universitätsspital Bern