Lungenärzte im Netz

Ihre Experten für gesunde Atemwege

Herausgeber:

Lungenärzte unterstützen Entwöhnung von der mechanischen Beatmung

Invasiv beatmete Patienten müssen das selbständige Atmen erst wieder erlernen und erfolgreich vom Beatmungsgerät entwöhnt werden (weaning), was die meisten Kliniken allerdings nicht leisten können. Dafür stehen hierzulande 45 zertifizierte pneumologische Beatmungszentren zur Verfügung, die sich auf das Weaning spezialisiert haben. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hin.

Patienten können nach einer künstlichen, invasiven Beatmung nicht einfach vom Beatmungsgerät getrennt werden, sondern müssen das selbständige Atmen erst wieder erlernen. Je länger eine invasive Beatmung andauert, umso mehr Muskeln im Körper bilden sich zurück - insbesondere auch die Atemmuskulatur (vor allem das Zwerchfell), die dann mühevoll durch spezielle bewegungs-, physio-, ernährungs- und pharmakotherapeutische Methoden wiederaufgebaut werden muss. „Eine solche Entwöhnung von der mechanischen Beatmung (im Englischen weaning genannt) können die meisten Kliniken allerdings nicht leisten, weil häufig auf den Intensivstationen die Strukturen, die notwendigen Prozesse und das Personal dafür fehlen“, erläutert Prof. Dr. med. Bernd Schönhofer, Leiter des Lungenkrebszentrums am KRH Klinikum Siloah in Hannover und ehemaliger Sprecher des WeanNet, einem 2007 von der der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gegründeten Netzwerk aus mittlerweile 45 zertifizierten pneumologischen Beatmungszentren, die sich auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät spezialisiert haben. Aus Intensivstationen, die nicht auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät spezialisiert sind, werden die betroffenen Patienten oft direkt nach Hause oder ins Pflegeheim entlassen und dort weiter invasiv langzeitbeatmet – man spricht auch von außerklinischer Beatmung bzw. Heimbeatmung. „Diese Situation kann bei hohem Pflegeaufwand sehr teuer werden und den Leidensdruck für die Betroffenen erhöhen, da sie auf unbestimmte Zeit vom Beatmungsgerät abhängig bleiben“, betont Prof. Schönhofer. Die Lungenärzte der DGP fordern deshalb anlässlich ihres Jahreskongresses, der vom 13.-16. März in München stattfand, dass vor der Verlegung der Patienten in die außerklinische Beatmung geprüft werden soll, ob nicht doch eine Entwöhnung vom Respirator möglich ist – also die außerklinische Beatmung vermieden werden kann.

Häufigkeit der außerklinischen Beatmung ist um etwa den Faktor 20 gestiegen

Die Zahl der Patienten, die außerhalb der Klinik, zu Hause oder im Pflegeheim, weiterhin invasiv beatmet werden, ist in den vergangenen 15 Jahren um circa den Faktor 20 angestiegen. Das betrifft derzeit 20.000 Patienten hierzulande. Experten schätzen die Kosten für die Intensivpflege dieser Patienten auf vier Milliarden Euro pro Jahr. Schuld daran dürfte auch der falsche finanzielle Anreiz für Pflegeeinrichtungen sein, der für invasive Beatmung, nicht aber für das Weaning gesetzt wird. „Wenn eine Pflegeeinrichtung viel Geld für eine Beatmung bekommt, könnte sie weniger dazu geneigt sein, zu überprüfen, ob der Patient für einen Entwöhnungsversuch bereit ist“, gibt Prof. Schönhofer zu bedenken. „Somit bleiben viele Menschen 24 Stunden am Tag ans Beatmungsgerät gebunden, obwohl sie in einem auf das Weaning spezialisierten Zentrum möglicherweise gute Erfolgsaussichten hätten, doch noch von der Beatmung entwöhnt zu werden.“ Hier sei auf Daten des so genannten WeanNets verwiesen: Zwei Drittel der bisher behandelten Patienten – die entweder als nicht entwöhnbar erklärt oder bereits außerklinisch invasiv beatmet wurden - konnten erfolgreich vom Beatmungsgerät entwöhnt werden. Knapp ein Fünftel der Patienten brauchten keine invasive Beatmung über die Luftröhre mehr, sondern konnten mit einer nicht-invasiven Methode (mit abnehmbarer Atemmaske) weiterbehandelt werden.

Weaning beschleunigt die Genesung der Patienten

Ein wichtiges Ziel im Weaning-Prozess ist, Patienten so bald wie möglich von der invasiven Beatmung (über einen ans Beatmungsgerät fixierten Schlauch mit externem Direktzugang zur Luftröhre) auf eine nicht-invasive Beatmung (mit Nasen- bzw. Mund-Nasen-Maske ohne Luftröhrenschnitt) umzustellen, die ihnen u.a. das Sprechen und ein selbständiges Abhusten erlaubt, was ihre Genesung deutlich beschleunigen kann. „Auf diesem Weg lässt sich auch die Psyche der oft reaktiv-depressiven Patienten wieder stabilisieren“, erklärt Prof. Schönhofer. „Deshalb ist es so wichtig, dass eine Klinik den Rat eines Weaning-Experten einholt, bevor sie einen Patienten in die außerklinische invasive Beatmung entlässt. Auch während der außerklinischen Beatmung, die ja eine hohe Pflegeintensität erfordert bei gleichzeitig eingeschränkter Lebensqualität und Prognose für den Patienten, sind regelmäßige Überprüfungen auf ein sich entwickelndes Weaning-Potenzial durch externe Gutachter wünschenswert.“

Wieso müssen immer mehr Menschen beatmet werden?

Die Gründe, warum immer mehr Menschen künstlich beatmet werden müssen, liegen auf der Hand: Neben medizinischen Notfällen infolge von Unfällen, akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, postoperativen Komplikationen oder Traumata, die Menschen jeder Altersstufe treffen können, gibt es aufgrund der Bevölkerungsstruktur hierzulande immer mehr ältere Menschen mit zusätzlichen Begleiterkrankungen, die eine intensivmedizinische Behandlung mit Beatmung erforderlich machen. Hinzu kommen Patienten mit neuromuskulären und chronischen pneumologische Erkrankungen, die beatmet werden müssen.  

Quelle: äin-red

Dies ist eine Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.lungenaerzte-im-netz.de. Bei Veröffentlichung in Online-Medien ist diese Quellenangabe (in Form eines aktiven Links entweder auf die Startseite oder auf eine Unterseite der Webseite der Lungenärzte-im-Netz) erforderlich, bei Veröffentlichung in Printmedien ist ebenfalls ein Hinweis auf diese Webadresse notwendig.