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Koffein unterstützt die Atmung bei Frühchen

Frühgeborene, die beatmet werden müssen, bekommen gegen einen möglichen Atemstillstand Koffein verabreicht, dessen Nutzen bisher allerdings noch nicht bewiesen wurde. Jetzt hat eine internationale Studie festgestellt, dass Koffein tatsächlich die Beatmungsdauer verkürzt und damit das Risiko für schwere Lungenerkrankungen senken kann.

Bei 85% der Kinder, die zu früh – das heißt vor der 34. Schwangerschaftswoche - geboren werden, kommt es nach der Geburt zu einem Atemstillstand auf Grund der Unreife des Atemzentrums oder einer Lähmung. Gegen solche so genannten Apnoe-Anfälle bei Frühgeborenen setzen Mediziner bereits seit einem Vierteljahrhundert Koffein oder verwandte Wirkstoffe (so genannte Methylxanthine) ein, ohne dass für deren Wirksamkeit bisher ein Beweis erbracht wurde. Jetzt zeigt eine internationale Untersuchung, die an über 2000 Frühgeborenen aus 9 Ländern durchgeführt wurde, dass eine Behandlung mit Koffein den Frühchen tatsächlich nutzt.

Je länger die Beatmung, um so höher das Risiko
Um mögliche Lungen- und Hirnschäden infolge eines Atemstillstands und der damit verbundenen mangelnden Sauerstoffversorgung zu vermeiden, müssen die meisten Frühchen maschinell beatmet werden. Vor allem eine Beatmung mit hohem Sauerstoff-Partialdruck kann dabei ihr Risiko erhöhen, eine so genannte pulmonale Dysplasie zu bekommen. Bei dieser Erkrankung entzündet sich die Lunge und vernarbt, was zu einem unumkehrbaren Umbau der Lungengewebszellen und einer weitgehenden Zerstörung der Lungenbläschen führt. Wie nun aber die Ergebnisse von Barabara Schmidt und ihren Kollegen, die in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden, zeigen, kann Koffein tatsächlich lebensnotwendige Körperfunktionen wie das . So sank bei Kindern, die über 10 Tage Koffein (zunächst per Spritze, später über Ernährungssonde) anstelle eines Plazebos erhielten, das Risiko, eine pulmonale Dysplasie zu entwickeln, um etwa ein Drittel: Es betrug 36 % gegenüber 47 % bei Kindern, die ohne Koffein auskommen mussten. Die Forscher führen das darauf hin zurück, dass die Kinder ohne Koffein im Durchschnitt eine Woche länger beatmet werden mussten.

Langzeitergebnisse sind noch abzuwarten
Wie Koffein im Einzelnen die Atmung beeinflusst, ist noch immer nicht genau bekannt. Man weiß bisher nur, dass Koffein über das Atemkontrollzentrum an der Hirnbasis auf die Zwerchfellmuskulatur einwirkt, und so zu einer Vertiefung der Atmung führen könnte. „Was wir jetzt noch ausschließen müssen, ist, ob Koffein auf lange Sicht zu unerwünschten Effekten - wie Verzögerung der kindlichen Entwicklung, zerebrale Kinderlähmung oder Sehbehinderung - führen könnte“, erläutert einer der Forscher, Arne Ohlsson vom „McMaster University Medical Center“ im kanadischen Hamilton. Zwar konnten die Kinder ihren Rückstand im Gewichtszuwachs, der im Zusammenhang mit Koffein zu beobachten war, innerhalb von 4 Wochen wieder aufholen. Dennoch wollen die Neonatologen - das sind Mediziner, die sich auf die Behandlung von Frühgeborenen spezialisiert haben - ihre Langzeitergebnisse zunächst einmal abwarten. Schließlich führten andere Medikamente wie die Steroide, die man in der Vergangenheit bereits zur Vorbeugung der pulmonalen Dysplasie eingesetzt hatte, ebenfalls zunächst zu einer verbesserten Atemfunktion – später allerdings offenbarten sich dann auch neurologische Schäden.

Quelle: New England Journal of Medicine (2006), Band 354, Seite 2112-2121.
Zusammenfassung (abstract)