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Ein Schutz vor der Höhenkrankheit?

Das so genannte Höhenlungenödem kann in Höhen von etwa 4500 m auftreten. Jetzt haben Forscher aus Zürich und Heidelberg einen Wirkstoff gefunden, der diese lebensbedrohliche Bergkrankheit offenbar verhindern kann.

Sieben Prozent aller Bergsteiger erleiden ab rund 4.500 Meter ein Höhenlungenödem, da in zunehmender Höhe der Luftdruck sinkt und dadurch weniger Sauerstoff in der Atemluft enthalten ist. Die roten Blutkörperchen (bzw. das im Blut transportierte Hämoglobin ) können den Körpers dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Symptome der akuten Bergkrankheit wie Kopfschmerz, Übelkeit und Schwindel sind Ausdruck des Sauerstoffmangels im Gehirn. Außerdem ziehen sich unter Sauerstoffmangel die Blutgefässe der Lunge zusammen. Dadurch kommt es zum Austritt von Flüssigkeit in die Lungenbläschen. Nun hat ein Wissenschaftlerteam aus Deutschland, der Schweiz und Belgien herausgefunden, dass ein Kortisonpräparat namens Dexamethason das Auftreten einer akuten Bergkrankheit vorbeugen kann und die Entwicklung eines Höhenlungenödems beim Aufsteigen in große Höhen verhindern kann.

Die Sportmediziner der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und des Universitätsspital Zürich haben 29 Testpersonen untersucht, die bereits an einem Höhenlungenödem gelitten hatten und unter ärztlicher Kontrolle den Aufstieg zum über 4.500 Meter hoch gelegenen Schweizer Monte Rosa-Massiv unternahmen. Jeder Teilnehmer erhielt vor und während des 24-stündigen Aufstiegs entweder den Wirkstoff Dexamethason oder Tadalafil oder aber ein Scheinmedikament (Plazebo).

Welches der drei Präparate die Studienteilnehmer jeweils erhielten, war weder ihnen selbst noch den untersuchenden Medizinern bekannt. Die Ergebnisse dieser Doppel-Blind-Studie wurden im Fachblatt Annals of Internal Medicine veröffentlicht. Die meisten Bergsteiger in der Plazebogruppe entwickelten ein Höhenlungenödem, während nur wenige in der Tadalafi-Gruppe und keiner in der Dexamethason-Gruppe betroffen waren. Peter Baertsch, ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und seine Kollegen vermuten, dass Dexamethason unter anderem über Stickoxid (NO) die Lungengefäße erweitert - der genaue Wirkmechanismus sei allerdings noch nicht bekannt. Trotzdem empfiehlt Baertsch beim Bergsteigen auf Medikamente zu verzichten. „Denn durch einen langsamen Aufstieg in Höhen über 2000 bis 3000 Metern, bei dem der Bergsteiger seine Schlafhöhe im Durchschnitt um nicht mehr als 300 bis 500 Meter pro Tag erhöht, tritt in der Regel weder eine akute Bergkrankheit noch ein Höhenlungenödem auf“, betont Baertsch.

Quelle: Annals of Internal Medicine (2006), Band 145/7, Seite 497-506
Zusammenfassung (abstract)