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Bisher längstes, immunologisches Gedächtnis

Bei Überlebenden der Spanischen Grippe sind Antikörper gegen das damals zirkulierende Grippevirus gefunden worden, die nachweislich immer noch funktionsfähig sind –und das trotz des hohen Alters der Studienteilnehmer um die hundert Jahre. Gegen Grippeepidemien der heutigen Zeit können diese Antikörper aber leider gar nichts ausrichten.

Die Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 an vielen Orten der Welt wütete, forderte Schätzungen zufolge insgesamt 25 Millionen Menschenleben – manche Experten gehen sogar von mindestens 50 Millionen Todesopfern aus. Der Erreger, ein Grippevirus vom Typ H1N1, war ungewöhnlich aggressiv und bedrohte vor allem junge, gesunde Menschen und nicht – wie die Grippeviren anderer Typen – hauptsächlich Kleinkinder und ältere Menschen ( siehe auch ). Jetzt haben US-Forscher vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville (US-Staat Tennessee) nachgewiesen, dass Überlebende der Spanischen Grippe auch 90 bis 100 Jahre später noch Antikörper gegen dieses verheerende Virus in ihrem Blut aufweisen. Und dass diese Antikörper im Tierversuch mit Mäusen nach wie vor effektiv gegen den rekonstruierten Erreger der Spanischen Grippe schützen. Wie die Forscher um James Crowe in der Fachzeitschrift Nature (Online-Vorabveröffentlichung vom 17. August 2008) schreiben, handelt es sich hierbei um das längste immunologische Gedächtnis, das bisher gefunden wurde.

Crowe und seine Mitarbeiter haben für ihre Untersuchung 32 Menschen aufgespürt, die heute zwischen 91 und 101 Jahren alt sind und die Spanische Grippeepidemie damals sowohl erlebt als auch bis heute überlebt haben. Die meisten Studienteilnehmer, die damals zwischen zwei und zwölf Jahren alt waren, konnten sich auch noch gut daran erinnern, dass ein Mitglied ihres damaligen Haushalts an der Grippe erkrankt war und sie insofern direkten Kontakt mit dem Virus gehabt haben mussten. Ihr Blut wurde untersucht, dabei konnten in allen Proben Antikörper gegen das damalige Grippevirus nachgewiesen werden. Bei sieben von acht Studienteilnehmern wurden zudem so genannte Gedächtniszellen gefunden, die zu den B-Lymphozyten gehören und die Erinnerung an vergangene Infektionen quasi abspeichern, so dass sie bei einem erneuten Erregerkontakt eine rasche, effektive Immunabwehr in die Wege leiten können. Diese Grippe-Antikörper wurden in Labormäuse übertragen. Dann wurden die Mäuse mit dem rekonstruierten Erreger der damaligen Spanischen Grippe infiziert. Das überlebten allerdings nur diejenigen Mäuse, die zuvor die Grippe-Antikörper auch erhalten hatten.

Diese Untersuchung zeigt den Forschern zufolge auf, dass B-Lymphozyten die bei einer Infektion gebildet werden, noch viele – und zwar bis zu zehn - Jahrzehnte später vorhanden und funktionstüchtig sind. Vor Grippeerkrankungen der Gegenwart können die gegen das Virus der Spanischen Grippe wirksamen Antikörper Allerdings nicht schützen. Das liegt an der grundsätzlich großen Veränderlichkeit der Grippe-Viren. So haben sich die Influenzaviren seit 1918 genetisch so stark abgewandelt, dass die von den damals gebildeten Antikörpern nicht mehr erkannt werden können.