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Beratung durch Weaning-Experten vor Entlassung in die außerklinische Beatmung gefordert

Eine Entwöhnung vom Beatmungsgerät ist in vielen Fällen möglich und erfolgreich. Dafür fehlen aber leider auf vielen Intensivstationen die Strukturen und das Personal, kritisieren Lungenärzte der DGP.

Nach einer längeren künstlichen Beatmung müssen Patienten das selbstständige Atmen wieder neu lernen. Die Entwöhnung vom Beatmungsgerät, das sogenannte Weaning, kommt in vielen Kliniken jedoch zu kurz, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Das führe dazu, dass viele Patienten zu Hause weiter beatmet werden müssen. Die Heimbeatmung kostet nicht nur sehr viel Geld – sie erhöht auch den Leidensdruck für die Betroffenen, da sie auf unbestimmte Zeit vom Beatmungsgerät abhängig bleiben. Die Fachgesellschaft fordert deshalb, dass vor der Verlegung der Patienten in die außerklinische Beatmung geprüft wird, ob nicht doch eine Entwöhnung vom Respirator möglich ist – also die außerklinische Beatmung vermieden werden kann. Künstliche Beatmung und Weaning sind auch Themen des DGP-Kongresses, der vom 13. bis 16. März 2019 in München stattfindet.

Medizinische Notfälle wie akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Unfälle oder chronische Lungenerkrankungen können Anlass für eine künstliche Beatmung auf der Intensivstation sein. Dabei wächst die Zahl der Patienten, die nur schwer vom Beatmungsgerät zu entwöhnen sind und deswegen längerfristig beatmet werden müssen. „Das liegt daran, dass wir immer häufiger mit älteren, gebrechlichen Menschen zu tun haben, die an mehreren Begleiterkrankungen leiden“, erklärt Prof. Dr. med. Bernd Schönhofer. Er ist Sprecher des WeanNet – ein Kompetenznetzwerk von Zentren, die sich auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät spezialisiert haben.

„In vielen Kliniken wird der Weaningprozess zu früh aufgegeben, weil auf den Intensivstationen die Strukturen und das Personal dafür fehlen“, berichtet Schönhofer. Dies betrifft aufgrund aktueller Schätzungen etwa 20.000 Patienten in Deutschland, die zu Hause oder im Pflegeheim weiter beatmet werden. Experten schätzen die Kosten dafür auf 4 Milliarden Euro pro Jahr. Schönhofer befürchtet, dass für Pflegeeinrichtungen ein falscher finanzieller Anreiz gesetzt wird. „Wenn eine Pflegeeinrichtung viel Geld für eine Beatmung bekommt, könnte sie weniger geneigt sein, zu überprüfen, ob der Patient für einen weiteren Entwöhnungsversuch bereit ist“, erklärt Schönhofer, der die Klinik für Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin am Klinikum Siloah in Hannover leitet. „Somit bleiben viele Menschen 24 Stunden am Tag ans Beatmungsgerät gebunden, obwohl die Erfolgsaussichten beim Weaning mit professioneller Hilfe eigentlich sehr gut sind“, betont der Experte. Er verweist auf Daten der mittlerweile 45 Beatmungszentren, die im WeanNet zertifiziert sind: Zwei Drittel der behandelten Patienten konnten erfolgreich vom Beatmungsgerät entwöhnt werden. Knapp ein Fünftel brauchten keine invasive Beatmung über die Luftröhre mehr, sondern konnten mit einer nicht-invasiven Methode, zum Beispiel einer Atemmaske, weiter behandelt werden. Deshalb hält Schönhofer es für wichtig, dass eine Klinik den Rat eines Weaning-Experten einholt, bevor sie einen Patienten in die außerklinische Beatmung entlässt.

Um im „WeanNet“ zertifiziert zu werden, müssen sich die Beatmungszentren in einem strengen Verfahren bezüglich ihrer Strukturen und Prozesse überprüfen lassen. Weitere Informationen dazu gibt es auf der Website der DGP. Dort finden Patienten auch Weaningzentren in ihrer Nähe.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)