Patienten, die unter einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, haben oft noch weitere Erkrankungen – vor allem solche des Herz-Gefäß-Systems wie Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz. Diese Erkrankungen können eigentlich gut mit so genannten Betablockern behandelt werden. Bei chronisch Lungenkranken scheuten sich allerdings bisher viele Ärzte vor einer Verschreibung dieser Medikamente, weil sie mögliche Komplikationen befürchteten. Eine große Studie aus Schottland (siehe British Medical Journal (2011), Band 342, Seite d2549) belegt jetzt aber, dass solche Ängste unbegründet sind. „Auch COPD-Patienten müssen keine Risiken befürchten, wenn sie zur Behandlung einer kardiovaskulären Erkrankung Betablocker verordnet bekommen – im Gegenteil: sie profitieren sogar davon!“, erläutert Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Ärztlicher Direktor der Lungenfachklinik Kloster Grafschaft im nordrheinwestfälischen Schmallenberg.
Betablocker (β-Blocker, auch Beta-Rezeptorenblocker oder Beta-Adrenozeptor-Antagonisten genannt) sind Arzneistoffe, die im Körper bestimmte Rezeptoren (β-Adrenozeptoren) blockieren und so die Wirkung des Stresshormons Adrenalin und des Neurotransmitters Noradrenalin unterbinden. Aus diesem Grund werden sie bei kardiovaskulären Erkrankungen erfolgreich zur Senkung der Ruheherzfrequenz und des Blutdrucks eingesetzt. Bislang wurde von manchen Ärzten befürchtet, dass Betablocker aufgrund der Hemmung von Adrenalin und Noradrenalin auch die Wirkung von Bronchien erweiternden Medikamenten aufheben könnten, so dass die betroffenen Patienten Gefahr liefen, Atemnotanfälle infolge von Bronchospasmen zu erleiden.
Sterblichkeit geringer, Notfallbehandlung seltener, keine Verschlechterung der LungenfunktionIn der genannten Untersuchung mit 5977 COPD-Patienten zeigte sich nach einer Beobachtungsdauer von über vier Jahren, dass Betablocker sicher sind und zudem Vorteile für die betroffenen Patienten haben. „Ihre Sterblichkeit war bei zusätzlicher Betablockade sogar um 22 Prozent geringer“, betont Köhler. „Außerdem erlitten die Betroffenen seltener akute Verschlechterungsschübe (sog. Exazerbationen) im Vergleich zu COPD-Patienten, die keine Betablocker einnahmen. Zu guter Letzt kann auch hinsichtlich der Befürchtung, Betablocker würden die Lungenfunktion beeinträchtigen, Entwarnung gegeben werden: Lungenfunktionsmessungen bei über 2700 der Patienten haben gezeigt, dass sich die Funktionsfähigkeit der Lunge bei einer Zusatztherapie mit einem Betablocker nicht verschlechtert.“