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Atemmuskelinsuffizienz – ein wenig bekanntes Krankheitsbild führt zu vielen vermeidbaren Todesfällen

Tausende Patienten in Deutschland sterben pro Jahr unnötig, weil sie nicht schonend genug (bzw. unwissender Weise falsch) beatmet werden. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne hin mit dem Ziel, das Krankheitsbild der Atemmuskelinsuffizienz und die dazu passende Therapie bekannter zu machen.

In Deutschland sterben pro Jahr tausende Patienten unnötig, weil sie nicht schonend genug (bzw. unwissender Weise falsch) beatmet werden. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne hin. Ist bei Patienten mit Lungen- oder Brustwanderkrankungen die Atemmuskulatur überlastet, so entsteht – ähnlich der Herzinsuffizienz - ein typisches Krankheitsbild, die so genannte Atemmuskelinsuffizienz, die sich heute eigentlich gut behandeln lässt. Leider aber ist diese Erkrankung den meisten Medizinern ohne lungenfachärztliche Spezialisierung weitgehend unbekannt. „Das Krankheitsbild der Atemmuskelinsuffizienz wird weder im generellen Medizinstudium gelehrt, noch ist es in der internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD) eigens aufgeführt“, erläutert Prof. Helmut Teschler, Chefarzt an der Ruhrlandklinik Essen und Präsident der DGP. „Diese Patienten haben typischerweise bereits im Ruhezustand Luftnot, die sich bei körperlicher Belastung deutlich verstärkt. Hintergrund ist eine Überlastung der Atemmuskulatur (Atempumpe), die bei verschiedenen Erkrankungen auftreten kann. Die häufigste Ursache ist eine chronische Einengung der Bronchien – auch als COPD bekannt. Erkrankungen der Brustwand wie Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) oder muskuläre Erkrankungen führen ebenfalls zur einer erhöhten Atemarbeit mit dem gleichen Ergebnis - der Atemmuskelinsuffizienz. Bei allen diesen Patienten werden erhöhte Mengen von Kohlendioxid (CO2) im Blut gefunden – der Mediziner spricht von der so genannten Hyperkapnie. Auf Grund ihrer überlasteten Atemmuskulatur können die Betroffenen dieses Gas nicht ausreichend abatmen. Als Folge ihrer reduzierten Atmung entsteht auch immer ein Sauerstoffmangel im Blut.“

Lungenärzte fordern spezielle Diagnostik und Therapie

Eine Erkrankung mit ähnlichen Atemnotbeschwerden, die allerdings nicht die Atemmuskulatur sondern das Lungengewebe betrifft - wie z.B. das Lungenemphysem oder die Lungenfibrose - führt zu einem völlig anderen Krankheitsbild. Hier kommt es zwar auch zum Sauerstoffmangel, jedoch sinkt die Kohlendioxidkonzentration im Blut. Leider wird in der Praxis eine solche Störung des Lungengewebes gegenüber der Atemmuskelinsuffizienz meist nicht ausreichend differenziert. Dies führt in mehr als der Hälfte der Fälle zu einer falschen Behandlung der Patienten – mit fatalen Folgen. „Dabei ist die Unterscheidung eigentlich recht einfach“, erklärt Teschler. „Durch eine Blutgasanalyse und eine Lungenfunktionsuntersuchung (Spirometrie) lässt sich in der Regel gut nachweisen, ob eine Atemmuskelinsuffizienz vorliegt. Die moderne Therapie besteht dann darin, die überlastete Atemmuskulatur durch stundenweise, künstliche Beatmung wieder zu entlasten. Dadurch erholt sich die Atempumpe und kann wieder effektiver arbeiten. In der Folge verspüren die Patienten deutlich weniger Luftnot und können sich wieder sehr viel besser körperlich belasten. Typischerweise wird diese Art der Beatmung mittels einer Nasen-Maske oder Nasen-Mund-Maske in der Nacht zu Hause durchgeführt. Man spricht auch von einer Heimbeatmung bzw. einer nicht-invasiven Beatmung, die grundsätzlich auch im Krankenhaus durchgeführt werden kann. Mit dieser Therapie können die von einer Atemmuskelinsuffizienz betroffenen Patienten - insbesondere solche mit Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) oder Muskelschwund - um Jahre länger leben, als wenn sie gar keine oder die falsche Therapie erhalten. So wäre bei Atemmuskelinsuffizienz eine ausschließliche Behandlung mit Sauerstoff unangebracht, zumal gar nicht genügend Luft in die Lungen der Patienten gepumpt werden kann. Vermutlich zehntausende Betroffene werden in Deutschland nicht ausreichend behandelt und müssen deswegen vorzeitig sterben“, kritisiert Teschler. Zahlreiche Studien belegen die deutlich schlechtere Lebensqualität und erhöhte Sterblichkeit von Patienten als Folge einer falschen Therapie. „Es konnte nachgewiesen werden, dass 40 Prozent der Patienten mit Wirbelsäulenverkrümmung nach einer eingetretenen Atemmuskelinsuffizienz innerhalb von 3 Jahren starben, wenn sie nur mit Sauerstoff behandelt wurden, wohingegen es im gleichen Zeitraum keinen einzigen Todesfall gab, wenn die Patienten eine Heimbeatmung durchgeführt hatten“, berichtet Teschler. Ziel der Lungenärzte ist es deshalb, das Krankheitsbild der Atemmuskelinsuffizienz und die dazu passende Therapie bekannter zu machen. Hierzu gehört – nach Ansicht der Experten – die Aufnahme der Atemmuskelinsuffizienz in den Lehrplan der Medizinstudenten sowie in die internationale Klassifikation für Krankheiten (ICD) zur Fortbildung von Ärzten in Klinik und Praxis.