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Als Intensivpatient die eigene Beatmung steuern?

Patienten, die beatmet werden müssen, können künftig möglicherweise die Beatmungsmaschine selbst steuern, was sie vor einer Über- oder Unterbeatmung schützen soll. Die neue Technologie, die das ermöglicht, heißt NAVA und wurde kürzlich auf der Medica in Düsseldorf vorgestellt.

Beatmungsgeräte, wie sie bislang auf der Intensivstation zum Einsatz kommen, beruhen auf dem Prinzip, das sie auf den Versuch des Patienten zu atmen, reagieren: Dazu ist ein leichtes Ein- oder Ausatmen von Seiten des Patienten nötig, worauf die Beatmungsmaschine anspricht und Druck aufbaut. Jetzt wurde auf der Fachmesse für Medizintechnik Medica 2006 in Düsseldorf eine neuartige Technologie zur mechanischen Beatmung vorgestellt. Bei Beatmungsgeräten mit NAVA-Technologie (Neurally Adjusted Ventilatory Assist) steuert der Patient den Beatmungsventilator bei jedem Atemzug über seine Hirnaktivität im Atemzentrum – das heißt er steuert die Maschine selbst, anstatt geregelt von ihr aufgepumpt zu werden. Dazu werden Signale vom Atemzentrum im Nachhirn über den im Halsbereich entspringenden Zwerchfellnerv (Nervus phrenicus) an das Zwerchfell übertragen. Dort werden die Signale erfasst und an den Ventilator weiter gegeben. Die Kopplung von Zwerchfell und Ventilator geschieht dabei ohne Zeitverzögerung. „Bei der NAVA-Technologie kommt eine spezielle Sonde zum Einsatz, welche die elektrische Aktivität des Zwerchfells erfasst", erläutert Oliver Möllenberg, Intensivmediziner und medizinischer Direktor beim NAVA-Hersteller Maquet.

Der große Vorteil der Methode besteht nach Angaben der Hersteller darin, dass Patient und Ventilator besser auf einander synchronisiert werden und die Lunge vor einer möglichen Über- oder Unterbeatmung geschützt wird. Durch die Auswertung der Zwerchfellaktivitäten könne die Maschine genau auf die Bedürfnisse des Patienten eingehen und liefere stets so viel oder so wenig Luft, wie vom Gehirn des Patienten gerade angefordert wird. Außerdem können die erfassten Zwerchfell-Daten auch als Überwachungshilfe genutzt werden, da sie Informationen bezüglich Atemantrieb, Volumenanforderungen, Auswirkung der Ventilationseinstellungen, über den Einsatz von Beruhigungsmitteln und Ansätze zur Entwöhnung liefern. NAVA ist eine Option für Neugeräte, kann aber auch bei bestehenden Ventilatoren nachgerüstet werden, da die Systeme modular aufgebaut sind. Die Technologie ist ab Februar 2007 lieferbar. „Allerdings wird mit dem NAVA-Gerät der Sauerstoffverbrauch der überlasteten Atemmuskulatur insgesamt nur gering gesenkt“, kritisiert Prof. Dieter Köhler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Leiter der Lungenfachklinik Kloster Grafschaft im westfälischen Schmallenberg. „Da gibt es viel bessere Verfahren, wie zum Beispiel das Ventilogic von Weinmann. Dieses Gerät erkennt und imitiert das Atemmuster des Patienten, so dass sich dieser komplett kontrolliert beatmen lässt, was seine Atempumpe am besten entlastet.“

Quelle: http://www.medica.de