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Vereinfachtes Asthma-Management

Lungenexperten haben die ausführlichen Empfehlungen der aktuellen Asthma-Leitlinien auf eine einfache Formel gebracht, um die Versorgung in der hausärztlichen Praxis zu erleichtern: Das A²BCD-Schema enthält die wichtigsten Grundlagen der Asthmatherapie.

Die Asthmatherapie hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren grundlegend gewandelt – sie ist komplexer und individueller geworden. Klinisch präsentiert sich Asthma in sehr unterschiedlicher Weise. Das sollte beim individuellen Management berücksichtigt werden. Prof. ­Dr. Marek ­Lommatzsch von der Abteilung Pneumologie der Universitätsmedizin Rostock hat gemeinsam mit Kollegen den aktuellen Wissensstand für Ärzte aller Fachrichtungen zusammengefasst (siehe The Lancet, online seit 27.1.2023). Das Wichtigste lässt anhand des Schemas A2BCD abarbeiten.

A steht für Assessment, die hochgestellte Zwei signalisiert die zwei Dimensionen dieses Schritts. Denn das Assessment umfasst zum einen die Diagnose und die Bestimmung des jeweiligen Phänotyps, zum anderen die Einschätzung der aktuellen Asthmakontrolle. Anamnestisch sollten typische Symptome wie Giemen, Engegefühl in der Brust, Atemnot oder langanhaltender Husten erfasst werden. Relevant ist außerdem, ob auslösende Situationen bekannt sind und inwieweit die Symptome mit der Tages- oder Jahreszeit variieren. Weitere Informationen liefern die Familien- und Berufsanamnese.

Neben einer körperlichen Untersuchung sollte man in jedem Fall testen, ob eine reversible oder variable Atemwegsverengung (Obstruktion) vorliegt. Dazu empfehlen die Autoren eine Lungenfunktionsuntersuchung (Spirometrie) inklusive der Gabe eines kurzwirksamen Beta-Agonisten (SABA). Als reversibel gilt eine Obstruktion, wenn die SABA-Gabe zu einer Erhöhung der forcierten Einsekundenkapazität (FEV1) um mindestens 12 % führt.

Gelingt es auf diese Weise nicht, die Diagnose zu bestätigen, kann bei entsprechendem Verdacht eine Selbstmessung des exspiratorischen Peak Flows (2x/Tag über zwei Wochen) weiterhelfen. Oftmals lässt sich so eine auffällige Variabilität von mehr als 10 % aufdecken. Alternativ kann ein bronchialer Provokationstest Klarheit bringen, er sollte allerdings dem Spezialisten vorbehalten bleiben.

Weitere Informationen bringen Biomarker wie die Eosinophilenzahl im Blut, der Anteil des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO), allergiespezifisches IgE im Serum sowie Prick-Tests. Auch der Zeitpunkt, zu dem das Asthma erstmals auftrat, sollte dokumentiert werden. Alles zusammen erleichtert die Festlegung auf einen Phänotyp (z.B. allergisch, eosinophil, intrinsisch, mit Beginn im Kindes- oder Erwachsenenalter).

Im zweiten Teil des dualen Assessments geht es darum, einzuschätzen, wie gut das Asthma kontrolliert ist. Als hilfreich haben sich validierte Fragebögen wie der Asthma Control Questionnaire erwiesen. Prognostisch sind v.a. folgende Punkte relevant: erlittene Verschlechterungen (Exazerbationen), früherer Gebrauch von SABA oder oralen Kortikosteroiden, Beeinträchtigung der Lungenfunktion, FeNo und Eosinophilenzahl im Blut. Das Risiko für zukünftige Entgleisungen entscheidet mit darüber, wie die Therapie gestaltet wird.

B wie Basics fasst grundlegende Maßnahmen zur Patientenschulung zusammen. An oberster Stelle steht der richtige Umgang mit dem Inhalator. Dieser sollte immer wieder kontrolliert werden, v.a. bei Veränderung der Medikation. Dem Patienten muss klar sein, dass er an einer chronischen Erkrankung leidet und die regelmäßige Anwendung der verordneten Präparate essenziell für die Symptomkontrolle ist. Zudem raten die Autoren, Asthmapatienten zu körperlichen Aktivitäten zu motivieren und ihnen einen Rauchverzicht nahezulegen. Gemieden werden sollten Allergene, Betablocker und – sofern sie zu Asthmasymptomen führen – nicht-steroidale Antirheumatika.

C steht für Komorbiditäten. Verschiedene Begleiterkrankungen können den Verlauf des Asthmas bzw. die Wahl der Therapeutika beeinflussen. Die Liste reicht von allergischer Rhinitis und atopischer Dermatitis über Schlafapnoe, Adipositas und gastro­ösophageale Refluxkrankheit  hin zu psychischen Störungen wie Angst oder Depression. Auch eine COPD kann gleichzeitig mit Asthma vorliegen. Die Autoren empfehlen, sich in diesem Fall an den Leitlinien zur Asthmatherapie zu orientieren, ohne dabei spezielle Verfahren, beispielsweise zur Emphysemtherapie oder nicht-invasiven Beatmung, aus den Augen zu verlieren.

D steht für die Therapie mit disease-modifying anti-asthmatic drugs (DMAAD). Dazu zählen inhalative Kortikosteroide (ICS), Leukotrienrezeptor-Antagonisten, Biologika und die Allergenimmuntherapie (Hyposensibilisierung). Übergeordnetes Therapieziel von DMAAD ist die Remission bei minimalen Nebenwirkungen, d.h. keine Exazerbationen, eine stabile Lungenfunktion, weitgehende Symptomfreiheit – und das alles ohne den Einsatz von systemischen Kortikosteroiden.

Für die Therapie von Erwachsenen bieten sich alternativ zwei Strategien an. Als erste Wahl gilt aktuell der Einsatz eines niedrig dosierten ICS zusammen mit einem langwirksamen Beta-Agonisten (LABA). Die Kombination eignet sich sowohl zur Bedarfs- als auch zur Erhaltungstherapie in allen Stufen. Alternativ kann auf SABA in Kombination mit ICS oder auf ICS plus LABA zurückgegriffen werden. Bei unzureichender Symptomkontrolle darf in beiden Fällen die ICS-Dosis erhöht und die Therapie um ein LABA bzw. einen langwirksamen Muskarinantagonisten (LAMA) zur Tripletherapie (ICS/LABA/LAMA) erweitert werden.

Zu beachten für eine personalisierte Therapie ist, dass höhere ICS-Dosierungen v.a. bei erhöhten Entzündungsmarkern (Eosinophile, FeNO) das Risiko für Asthmaattacken senken. Ein zusätzlicher Bronchodilatator bessert hingegen in der Hauptsache die Lungenfunktion – unabhängig von Markern.

Einen Spezialisten sollte man zu Rate ziehen, wenn die Asthmakontrolle trotz hoch dosierter Tripletherapie nicht gelingt. In solchen Fällen kommen gegebenenfalls Biologika ins Spiel. Eine Allergenimmuntherapie kann helfen, Symptome eines allergischen Asthmas zu bekämpfen. Von einer langfristigen systemischen Behandlung mit Steroiden und von Theophyllin raten die Autoren ausdrücklich ab. Auch eine SABA-Monotherapie hat in den aktuellen Leitlinien keinen Platz mehr.

Quelle: Medical Tribune am 12.4.23