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Wie Adipositas Asthma verschlechtern kann

Starkes Übergewicht wirkt sich nicht nur negativ auf das Lungenvolumen aus. Auch die kleinen Atemwege reagieren empfindlicher. Beides trägt zur Verschlechterung von Asthma bei.

Fettleibigkeit (Adipositas mit einem BMI von 30 bis 35 kg/m2) wirkt sich nicht nur negativ auf die Lungenvolumina von Asthmapatienten aus. Auch die kleinen Atemwege (Bronchiolen und Alveolen) reagieren empfindlicher. Beides trägt zur Verschlechterung der Lungenkrankheit Asthma bronchiale bei.

Trotz epidemiologischer Hinweise auf negative Interaktionen zwischen Adipositas und Asthma erreichen die Betroffenen im bronchialen Provokationstest oft unauffällige Spirometrieergebnisse. Die Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch könnte laut Dr. ­Arnaud­Bourdin vom Department für Atemwegserkrankungen der Universität Montpellier und Kollegen in der Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) speziell der kleinen Atemwege liegen.

Ob dies so ist, prüften sie in einer Studie mit 31 Asthmapatientinnen (siehe Allergy, online seit 7.9.2022). 18 wiesen einen BMI < 30 kg/m2 auf, wobei der Durchschnitt bei 22,6 kg/m2 lag. 13 Frauen galten als adipös, d.h. ihr BMI betrug mindestens 30 kg/m2. Die Diagnose Asthma hatte man bei allen Patientinnen mittels Provokationstest gesichert. Ausgehend von einer FEV1 größer/gleich 80 % zeigten sie einen Abfall der FEV1 um 20 % (PD20) bei einer kumulativen Methacholindosis von < 2.460 µg.

Für ihre Studie nutzten die Kollegen eine spezielle Computertomografie-Technik (CT), bei der die mittlere Lungendichte (MLD) ermittelt und das Verhältnis von exspiratorischer zu inspiratorischer MLD (das Verhältnis der unterschiedlichen Lungendichte beim Aus- und Einatmen – abgekürzt als MLDe/i) errechnet wird. Die MLDe/i  wird als zuverlässiger Marker u.a. für die Intensität der Verengung (Obstruktion) kleiner Atemwege angesehen, erläutern die Studienautoren. Ihre Veränderung wurde in der Studie während eines mehrstufigen Provokationstests mit Methacholin ermittelt. Um geschlechterbedingte Einflussfaktoren der Körperform zu minimieren, hatten Forscher übrigens nur Frauen in ihre Studie eingeschlossen.

Die Testreihe startete zunächst mit einer Lungenfunktionsmessung (Spirometrie) im Sitzen und Liegen und einer CT, um Basis-Lungendichtewerte beim Einatmen (in Inspiration) zu erhalten. Nach Inhalation isotonischer Kochsalzlösung folgten im zweiten Schritt die gleichen Untersuchungen. Erreichten FEV1 und FVC im Liegen > 80 % der Werte im Sitzen, konnte die Provokation mit Methacholin in Rückenlage auf der CT-Liege gestartet werden. Nach Erreichen der einzelnen Provokationsstufen führte man jeweils eine CT beim Ausatmen (in Exspiration) durch, wobei aus Sicherheitsgründen nur kleine definierte Areale in Ober- und Unterlappen betrachtet wurden. Für jeden Provokationsschritt wurden MLDe/i kalkuliert und unter Berücksichtigung des Alters der Patientinnen in Beziehung zum Körpergewicht gesetzt.

Insgesamt ergab sich ein deutlicher Einfluss der Adipositas auf die Lungenfunktion: Bereits vor der Methacholingabe wiesen die adipösen Frauen niedrigere FEV1-Werte auf als diejenigen mit einem BMI < 30 kg/m2 (73,11 % versus 82,19 % v.S.). Zudem sprachen in dieser Gruppe die MLDe/i-Werte während der Provokation für eine verstärkte Reagibilität der kleinen Atemwege.
Adipositas geht bei Asthmatikern also nicht nur mit einer allgemein schlechteren Lungenfunktion im anfallsfreien Intervall einher. Während des Anfalls (bzw. der Provokation) führt sie zusätzlich insbesondere in den kleinen Atemwegen zu vermehrter Verengung (infolge der Bronchokonstriktion) mit verstärktem Air-Trapping (Ansammlung von Atemluft in den Lungenbläschen, da das Ausatmen erschwert ist). Diese Veränderungen traten bei den adipösen Asthmatikerinnen bereits zu Beginn einer sich entwickelnden Bronchokonstriktion auf, bei den nicht-adipösen Patientinnen hingegen erst verzögert. Die Ergebnisse unterstreichen nach Überzeugung der Autoren, wie entscheidend im Rahmen der Asthmatherapie eine Gewichtsabnahme sein kann.

Quelle: Medical Tribune vom 6.2.2023