Krebs fördert die Bildung von Thrombosen

Durch die Bildung von so genannten Mikropartikeln können Karzinome dazu beitragen, dass sich vermehrt Gefäßverschlüsse (Thrombosen) bilden. Je nachdem, wo sich der Verschluss festsetzt, kann das für den Patienten ein zusätzliches lebensbedrohliches Risiko bedeuten.

Karzinome können direkt die Bildung von Thrombosen auslösen – das sind Verschlüsse der Blutgefäße, die durch Aktivierung der Blutgerinnung entstehen. Aber nicht nur die Karzinome selbst, auch Thrombosen können lebensgefährliche Folgen haben, vor allem wenn sie in die Lungengefäße verschleppt werden und sich dort festsetzen – dann droht eine Lungenembolie. Obwohl der Zusammenhang zwischen Thrombosen und Karzinomen bereits seit mehr als 100 Jahren bekannt ist, wissen Mediziner nicht, wie beispielsweise Karzinome der Bauchspeicheldrüse und des Dickdarms Thrombosen in den Beinvenen auslösen können – also einer recht weit vom Tumor entfernten Stelle des Organismus. Ein von der Wilhelm-Sander Stiftung gefördertes Forschungsprojekt, das von Prof. Bernd Engelmann und Dr. Christiane Bruns vom Institut für Klinische Chemie und Chirurgische Klinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universiä tin München geleitet wird, sucht nun nach neuen Antworten auf diese Frage - ausgehend von einer erst kürzlich entdeckten neuen Blutkomponente, den sog. Mikropartikeln.

Mikropartikel sind kleine Abschnürungen der Zellmembran, die von Karzinomzellen, aber auch von gesunden Zellen gebildet werden. Bei Patienten mit Karzinomen sind die Mikropartikel-Spiegel im Blut erhöht oder die Partikel zeigen eine andere Zusammensetzung. Engelmann und Bruns vermuten, dass die Tumoren so genannte karzinomatöse Mikropartikel in die Blutbahn abgeben, wodurch die Partikel über den Blutkreislauf auch in die Beinvenen gelangen. Dort könnten sie direkt den Startprozess der Blutgerinnung in Gang setzen und damit zur Bildung von Thrombosen führen. Wie neue Untersuchungen zeigen, tragen die Mikropartikel tatsächlich ein Eiweiß, das die Blutgerinnung aktivieren kann. Dieses Eiweiß liegt unter den meisten Bedingungen in inaktiver Form vor. Bleiben die Mikropartikel nach ihrer Passage durch den Blutkreislauf nun an den Gefäßwänden der Beinvenen heften, so könnte es zur Aktivierung des Starter-Eiweißes der Blutgerinnung kommen und damit Thrombosen induziert werden.

Glücklicherweise kann der menschliche Organismus Mikropartikel auch wieder aus dem Blutkreislauf entfernen. Dabei spielen wahrscheinlich spezialisierte Zellen des körpereigenen Abwehrsystems eine wichtige Rolle. Der Aufnahmeprozess erfordert, dass die Zellen des Abwehrsystems die von den Karzinomen freigesetzten Mikropartikel von den Mikropartikeln gesunder Zellen unterscheiden können und als gefährlich einstufen. Ein besseres Verständnis der Entstehung von Thrombosen durch Mikropartikel soll in einem späteren Stadium eine optimalere Diagnose und zielgenaue Behandlung der Karzinom-assoziierten Thrombose ermöglichen.

Weitere Informationen: www.wilhelm-sander-stiftung.de