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03.05.2012

Unerwünschte Auswirkungen von Medikamenten auf die Lunge

Lungen- bzw. Atemwegserkrankungen treten häufig gemeinsam mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems auf. Deshalb ist es wichtig, bei der Einnahme von Medikamenten gegen diese Erkrankungen mögliche, wechselseitige Nebenwirkungen auf Atemwege, Lunge, Herz und Blutgefäße zu beachten. Worin diese im Einzelnen bestehen können, wird Prof. Dr. Heinrich Worth, Chefarzt der Medizinischen Klinik I am Klinikum Fürth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für PneumologiePneumologie
Die Atemwegs- und Lungenheilkunde (Pneumologie) ist ein Teilgebiet der Inneren Medizin, das sich mit der Vorbeugung, Erkennung und fachärztlichen Behandlung von Krankheiten der Lunge, der Bronchien, des Mediastinums (Mittelfell) und der Pleura (Rippen- und Lungenfell) befasst.
und Beatmungsmedizin e.V., Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga e.V. und Vorsitzender der AG Lungensport in Deutschland e.V.,
den Besuchern des 5. Symposiums Lunge (am Samstag, den 09. Juni 2012 in Hattingen) in einem Vortrag erläutern.

Herz- bzw. Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegs- bzw. Lungenkrankheiten treten häufig gemeinsam auf. So wird geschätzt, dass 20 % der Menschen in Deutschland unter BluthochdruckBluthochdruck
Laut Hochdruckliga liegt der ideale Blutdruck bei 120/80 mmHg. Bluthochdruck ist eine krankhafte Steigerung des Blutdruckes in den Arterien auf einen systolischen Wert von über 140 mmHg und einen diastolischen Wert von über 90 mmHg. Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für Gefäßerkrankungen, Nierenschwäche und Herzschwäche.
leiden und 5 -10 % von einer COPD betroffen sind. Gemeinsame Risikofaktoren wie Zigarettenrauchen, Bewegungsmangel und entzündliche Veränderungen führen zu einem häufigen Zusammentreffen dieser Erkrankungen. Insofern ist es wichtig, die Auswirkungen von Medikamenten, die bei Herz- und Kreislauferkrankungen bevorzugt eingesetzt werden, auf die Atemwege und Lunge zu kennen, und – auch umgekehrt - die unerwünschten Effekte von Medikamenten, die bei Atemwegs- und Lungenkrankheiten zur Basistherapie gehören, auf Herz und Kreislauf abzustimmen.

So können die bei Herzkranzgefäßerkrankungen und Bluthochdruck sowie Herzmuskelschwäche eingesetzten Betablocker zu einer Enge der Atemwege führen. Bei Patienten mit Asthma bronchiale kann als Folge der Betablocker-Therapie ein lebensbedrohlicher Asthmaanfall hervorgerufen werden. Aus diesem Grunde sollten Betablocker bei Asthmatikern vermieden werden. Dies gilt auch für den Einsatz von Betablockern in Form von Augentropfen zur Behandlung des grünen Stars.

Bei Patienten mit COPD ist der Einsatz herzspezifischer Betablocker dann vertretbar, wenn diese zur Behandlung nach Herzinfarkt und bei schwerer Herzmuskelschwäche eingesetzt werden. Die Lebenserwartung der COPD-Patienten wird häufig durch die Herzerkrankung bestimmt - diese wird durch Betablocker verbessert. Bei COPD-Patienten, die einen möglichst herzspezifischen Betablocker erhalten, sollte die Lungenfunktion engmaschig kontrolliert werden. Eine leichte Zunahme der Enge der Atemwege kann unter Betablockade auftreten, lässt sich jedoch mit Medikamenten zur Behandlung der Atemwegsverengung (Obstruktion) oft gut behandeln.

Bei Bluthochdruck und/oder Herzmuskelschwäche werden häufig so genannte ACE-Hemmer eingesetzt. Diese können bei bis zu 10 % der Patienten zu Husten führen. Der ACE-Hemmer bedingte Husten kann durch den Ersatz der ACE-Hemmer mittels ähnlich wirkender Bluthochdruckmedikamente beseitigt werden.

Häufige Ursache für die koronare Herzkrankheit sind Fettstoffwechselstörungen. Zur Behandlung erhöhter Blutfette werden häufig so genannte StatineStatine
Medikamente, die zu einer Senkung erhöhter Blutfettwerte führen, indem sie den Fettstoffwechsel oder die Fettaufnahme beeinflussen.
eingesetzt, die bei der COPD eher günstige Auswirkungen aufweisen und daher unbedenklich für Patienten mit COPD sind. Das bei Vorhofflimmern mit unregelmäßigem schnellem Herzschlag häufiger eingesetzte Antiarrhythmikum Amiodaron führt gelegentlich zu entzündlichen Veränderungen in der Lunge, die Atemnot hervorrufen können. Deswegen sollte vor und während der Medikation mit diesem Antiarrhythmikum die LungenfunktionLungenfunktion
kontrolliert werden.

Bei Patienten mit einer Einengung der Atemwege (Atemwegsobstruktion) kommen Bronchien erweiternde Medikamente (BronchodilatatorenBronchodilatatoren
Diese Medikamente erweitern die Bronchien.
 
 
) zum Einsatz - insbesondere Beta-2-Sympathomimetika, Anticholinergika und TheophyllinTheophyllin
Dieser Wirkstoff entspannt die Bronchialmuskulatur, wirkt aber nur mäßig bronchienerweiternd. Andererseits hat er auch entzündungshemmende und abwehrdämpfende Effekte (schwächt die asthmatische Spätreaktion ab) und schützt die Bronchien vor Reizen, die zu einer Verkrampfung führen.
. Von diesen drei Gruppen birgt das Theophyllin das höchste Risiko für Herz-Nebenwirkungen in sich. Bei zu hohem Theophyllinspiegel können lebensbedrohliche HerzrhythmusstörungenHerzrhythmusstörungen
Störungen der Herzschlagfolge als Ausdruck einer Störung oder bleibenden Schädigung im Bereich des Reizleitungssystems des Herzens. 
neben Krampfanfällen auftreten. Da Theophyllin eine geringe therapeutische Breite aufweist – das heißt die Dosis, die für einen positiven Effekt des Theophyllins notwendig ist, nicht weit von derjenigen liegt, die unerwünschte Effekte hervorrufen kann - und da insgesamt die Effekte von Theophyllin bei Atemwegserkrankungen eher gering sind, sollte Theophyllin nicht als Medikament der ersten Wahl bei Asthma bzw. COPD eingesetzt werden. Wenn Theophyllin zum Einsatz kommt, sollte durch Blutspiegelmessungen geprüft werden, ob die verabreichte Dosis innerhalb des therapeutischen Bereichs liegt.

Kurz- und langwirksame Beta-2-Sympathikomimetika können bei Patienten mit Asthma und COPD zu einem schnelleren Herzschlag führen. In den üblichen Dosierungen sind die Medikamente bei Herzgesunden bzw. bei Patienten mit einer stabilen koronaren Herzkrankheitkoronaren Herzkrankheit
Oberbegriff für alle Erscheinungsformen der im Rahmen einer Arteriosklerose am Herzen auftretenden Störungen (zum Beispiel Angina pectoris, Myokardinfarkt, disseminierte Herzmuskelnekrosen, Sekundenherztod), die zu Abweichungen der Herztätigkeit führen.
eher unbedenklich. Unerwünschte Effekte, insbesondere Herzrhythmusstörungen mit zu schnellem Herzschlag, sind bei Patienten mit Neigung zu derartigen Rhythmusstörungen, bei Patienten mit akuten Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße und akuter Herzmuskelschwäche zu erwarten. Bei diesen Patienten ist deshalb Vorsicht beim Einsatz von Beta-2-Sympathikomimetika geboten. Es ist darauf zu achten, dass Beta-2-Sympathikomimetika gelegentlich zu einem Abfall des Kaliumspiegels führen und damit Rhythmusstörungen begünstigen können.

Anticholinergika sind bezüglich ihres kardialen Risikos vielfach untersucht worden. Bei Patienten ohne akute Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße bzw. akut auftretenden Herzrhythmusstörungen oder akuter Herzmuskelschwäche können diese Substanzen in den üblichen Dosierungen als unbedenklich eingestuft werden und zum Einsatz kommen.

Von dem neu auf den Markt gekommenen entzündungshemmend wirkenden Präparat Roflumilast sind bisher keine negativen Auswirkungen auf das Herz bekannt.

Quelle: Vortrag von Prof. Dr. Heinrich Worth, Chefarzt der Medizinischen Klinik I am Klinikum Fürth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga e.V. und Vorsitzender der AG Lungensport in Deutschland e.V., auf dem 5. Symposium Lunge am Samstag, den 09. Juni 2012 in Hattingen

Anfragen bezüglich des Symposiums Lunge 2012 richten Sie bitte an die Organisationsleitung Jens Lingemann
Telefon: 02324 - 999 959