07.09.2015
Möglicherweise reicht ein einziger Impfstoff aus, um alle momentan bekannten genetischen Linien des „Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus“ (MERS-CoV) effektiv zu bekämpfen.
Im Kampf gegen das gefährliche MERS-Coronavirus (MERS-CoV) gibt es einen Hoffnungsschimmer: Möglicherweise reicht ein einziger Impfstoff aus, um alle momentan bekannten genetischen Linien des „Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus“ (MERS-CoV) effektiv zu bekämpfen. In diese Richtung deuten zumindest Ergebnisse der Universitätsklinik Bonn und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF - siehe Journal of Clinical Microbiology, Online-Veröffentlichung am 8.7.2015).
Infektionen mit dem MERS-Coronavirus traten ursprünglich vor allem im Mittleren Osten auf. Unlängst sorgte jedoch eine Erkrankungswelle in Südkorea für Schlagzeilen. Die aktuell zirkulierenden Erreger sind nicht identisch, sondern gehören verschiedenen genetischen Linien an. Insgesamt wurden weltweit bislang 23 dieser MERS-CoV-Varianten isoliert, davon allein 20 im Rahmen der aktuellen Studie. Die Forscher der Uniklinik Bonn und des DZIF haben nun drei Isolate aus den genetischen Hauptlinien genauer unter die Lupe genommen. Dazu versetzten sie die entsprechenden Viren mit Blutserum von Patienten, die eine MERS-Infektion überstanden hatten. Ergebnis: Die im Blut enthaltenen AntikörperAntikörper
Antikörper werden auch Immunglobuline (Ig) genannt und sind Eiweißstoffe (Glykoproteine), die der menschliche Körper nach Kontakt mit einem Fremdstoff (Antigen) bildet. Diese Antikörper können dann gezielt (in der sogenannten Antigen-Antikörper-Reaktion) an die Antigene binden. Die so entstehenden Immunkomplexe werden dann unschädlich gemacht. Erhöhte Ig-Mengen weisen allgemein auf eine gesteigerte Immunabwehr hin, wie sie bei akuten oder chronischen Infektionskrankheiten (allergischen und parasitären Krankheiten) häufig auftritt. Man unterteilt die Immunglobuline in vier verschiedene Klassen (Ig A, Ig E, Ig G und Ig M). Je nachdem welcher Typ vermehrt vorliegt, erlaubt dies Rückschlüsse auf die vorliegende Krankheit.
waren in der Lage, jedes dieser Virus-Isolate effizient zu neutralisieren. Patienten, die sich mit dem MERS-Erreger infiziert hatten, waren anschließend gegen alle drei ausgewählten Virus-Linien immun. „Das ist vor allem für die Entwickler von Impfstoffen eine gute Nachricht“, erklärt Dr. Doreen Muth, die Erstautorin der Studie. „Sie müssen nicht befürchten, dass ein von ihnen entwickeltes Vakzin nur gegen eine bestimmte Virus-Linie hilft.“
Bislang war es nicht so einfach, MERS-Viren im Labor zu züchten. Die Isolierung des Erregers erfolgt üblicherweise in Affenzellen, die in einer Nährlösung gehalten werden. Diese Zellen werden mit Patientenmaterial infiziert, um die Viren im Reagenzglas zu vermehren. Überraschenderweise erwiesen sich die Affenzellen aber als wenig effizient. Nur wenige Isolate konnten in ihnen angezüchtet werden. Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Experimente zusätzlich eine humane Darmzelllinie. Dort war die Infektions-Rate deutlich höher. Ein wichtiger Erfolg, denn Virologen sind für ihre Analysen auf eine effiziente Virus-Vermehrung angewiesen.
Das Team konnte zudem nachweisen, dass das ImmunsystemImmunsystem
Das körpereigene Abwehrsystem besteht aus drei Funktionskreisen:
(1) Knochenmark als Bildungsort für Immunzellen.
(2) Verschiedene zentrale Immunorgane wie Thymus (Prägung von T-Lymphozyten) und darmnahe Lymphorgane (für die Prägung von B-Lymphozyten).
(3) Sekundäre Lymphorgane wie Milz, Lymphknoten und Mandeln (Tonsillen).
Man unterscheidet die so genannte humorale Abwehr (über die Körperflüssigkeiten mit darin enthaltenen Antikörpern und Faktoren aus dem so genannten Komplementsystem) und die zellvermittelte Abwehr (mit B- und T-Zellen, Makrophagen, Antigen-präsentierenden Zellen, Granulozyten u.a.).
nach einer Infektion Antikörper in die Atemwegs-Sekrete abgibt. Normalerweise sind Nase und Bronchialtrakt der Haupteinfallsweg für MERS-Viren. Die Antikörper schützen diese Eintrittspforte effizient. Allerdings entsteht dieser Schutz erst im Laufe einer Infektion oder auch nach einer Impfung. Wenn das Virus den Körper unvorbereitet trifft, ist es dagegen höchst gefährlich: Seit seiner Entdeckung im Jahr 2012 haben sich über 1.100 Menschen mit dem Erreger infiziert. In 439 Fällen endete die Krankheit tödlich.
Experten gehen allerdings davon aus, dass viele Infektionen so leicht verlaufen, dass sie gar nicht bemerkt werden. Auch ist das Virus – im Gegensatz etwa zu SARS-Coronavirus – wohl nicht besonders infektiös. Damit es zu einer massenhaften Ansteckung kommt, müssen besondere Faktoren zusammen kommen. So sind die bisherigen EpidemienEpidemien
Tritt eine Erkrankung örtlich und zeitlich stark gehäuft auf, spricht man von einer Epidemie. Trifft beispielsweise eine neue Variante des wandelbaren Influenza-Virus auf eine Bevölkerungsgruppe, die noch keine Abwehr gegen diesen bestimmten Erreger aufgebaut hat, kann diese Virus-Variante sich schnell verbreiten. Die Ausbreitung stoppt erst, wenn der Erreger Menschen befällt, die z.B. aufgrund einer Grippe-Schutzimpfung Antikörper dagegen gebildet haben.
Das amerikanische Center for Disease Control spricht von einer Grippe-Epidemie, wenn die Todesrate durch Influenza und Lungenentzündung (die so genannte Übersterblichkeit) um mehr als 7,5% höher liegt als in einem durchschnittlichen Winter.
Eine Epidemie bleibt im Gegensatz zur Pandemie auf eine bestimmte Region begrenzt.
vermutlich unter anderem auf mangelhafte Krankenhaus-Hygiene in Dschidda zurückzuführen.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn