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27.07.2018

Begleiterkrankungen bei COPD

Welche Begleiterkrankungen bei COPD mit oder ohne Lungenemphysem auftreten können, wird Dr. med. Michael Westhoff, Chefarzt an der Lungenklinik Hemer, in seinem Vortrag auf dem Symposium Lunge 2018 darlegen.

Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung COPD stellt nach heutigen Erkenntnissen eine Systemerkrankung dar: Die ursprünglich von den Bronchien bzw. der Lunge ausgehende chronische Entzündung zieht den gesamten Organismus in Mitleidenschaft. Insbesondere Tabakkonsum als häufigster Risikofaktor für COPD führt auch zu einer Schädigung anderer Organe. Dies betrifft in besonderem Maße das Herz-Kreislaufsystem. Dementsprechend werden mehr als 50 % der Patienten mit COPD unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden.

Dazu gehören Herzkranzgefäßveränderungen mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte sowie erhöhte Blutdruckwerte, die ihrerseits das Risiko für eine Herzerkrankung zusätzlich erhöhen. Dies kann letztlich eine Herzleistungsschwäche und/oder HerzrhythmusstörungenHerzrhythmusstörungen
Störungen der Herzschlagfolge als Ausdruck einer Störung oder bleibenden Schädigung im Bereich des Reizleitungssystems des Herzens. 
zur Folge haben. Ebenso werden häufiger Durchblutungsstörungen der Beine mit Schaufensterkrankheit oder Hirndurchblutungsstörungen beobachtet.

Das Herz kann aber auch durch die COPD selbst in Mitleidenschaft gezogen werden, indem es durch Veränderungen an den Lungengefäßen und Sauerstoffmangel zu einer Erhöhung des Blutdrucks in den Lungengefäßen kommt und damit einer Rechtsherzbelastung, einem sog. Cor pulmonaleCor pulmonale
Der Begriff stammt aus dem Lateinischen (cor = Herz, pulmo = Lunge). Ein Cor pulmonale entwickelt sich auf Grund einer dauerhaften Erhöhung des Blutdrucks im Lungenkreislauf. Ursache sind chronische Lungenerkrankungen (zum Beispiel Lungenfibrose, Lungenemphysem, COPD). Um den Blutkreislauf dennoch aufrechtzuerhalten, muss das Herz folglich einen noch höheren Druck aufbauen. Dies führt zunächst kompensatorisch zu einer Stärkung der Muskulatur der rechten Herzkammer. In fortgeschrittenen Stadien kann die erforderliche Pumpleistung allerdings nicht mehr ausgeglichen werden, so dass sich eine verminderte Herzleistung (Rechtsherzinsuffizienz) als Ausdruck eines Cor pulmonale einstellt.
und nachfolgend Beinödemen. Weiterhin gibt es Hinweise, dass bei COPD-Patienten das Risiko für SchlaganfälleSchlaganfälle
Schlaganfälle ereignen sich gehäuft während des Blutdrucktiefs gegen 3 Uhr nachts (midnight stroke) oder während des zweiten Blutdrucktiefs am Nachmittag. Die Krankheitsanzeichen setzen meist plötzlich ein und hängen vom Ort des Infarktes ab. Erste Anzeichen können heftige Kopfschmerzen, ausgeprägte Bewusstseinstrübung bis hin zu Bewusstlosigkeit sein. Es entwickelt sich eine meist im Arm- und Gesichtsbereich betonte einseitige Lähmung. Zunächst ist die gelähmte Seite erschlafft (im Gesicht z.B. als hängender Mundwinkel und Aufblähung der Wange auf der gelähmten Seite beim Ausatmen = "Tabakblasen"), später können auch unkontrollierte Zuckungen hinzu kommen. Eine Hirndurchblutungsstörung ist entweder Folge eines thrombotischen oder embolischen Gefäßverschlusses (ischämischer Hirninfarkt) oder eines spontanen Gefäßrisses mit nachfolgender Einblutung (hämorraghischer Hirninfarkt).
Ischämischer Schlaganfall: Hirninfarkt, der durch eine Blutstauung aufgrund verstopfter Gefäße verursacht wird und deshalb zu einer Unterversorgung der Hirnzellen mit Sauerstoff führt. Ein ischämischer Hirninfarkt auf Grund von Minderdurchblutung eines Endarterienareals bei plötzlichem Gefäßverschluss der Arterie ist mit 80-85% die häufigste Ursache eines Schlaganfalls. 
Hämorraghischer Schlaganfall: Verkalkte Blutgefäße im Gehirn brechen auf, was zu Gehirnblutungen führt. Dabei wird die Blutzufuhr und damit Sauerstoffversorgung der betroffenen Gehirnzellen unterbrochen bzw. abgebrochen und sie sterben ab.
 
 
erhöht ist.

Durch die chronische Entzündung der Bronchien kann auch die Abwehrfunktion des Atemwegssystems beeinträchtigt sein, sodass häufiger Atemwegsinfekte auftreten. Chronisch-entzündliche Veränderungen haben außerdem häufiger auch einen hemmenden Einfluss auf die Blutbildung, so dass ein Mangel an roten Blutkörperchen auftreten kann.

Die durch die chronische Luftnot bedingte Abnahme der körperlichen Aktivität kann zu Muskelschwäche und Osteoporose führen. Letztere ist mit einem erhöhten Risiko von Knochenbrüchen verbunden. Eine Höhenminderung aufgrund von Brüchen speziell im Bereich der Brustwirbelsäule verändert die Form des Brustkorbs und verschlechtert damit den Wirkungsgrad der Atemmuskulatur sowohl des Zwerchfells als auch der Atemhilfsmuskulatur. Hierdurch kann sich die Luftnot und entsprechend auch die Lungenfunktion verschlechtern.

Eine weitere Erkrankung, die häufiger bei COPD-Patienten beobachtet wird, ist die obstruktive      Schlafapnoe. Dadurch werden Organe wie das Herz und das Gehirn phasenweise schlechter mit Sauerstoff versorgt. Sofern eine Übergewichtigkeit bei COPD besteht, mit Zunahme des Body-Mass-Index auf > 30 kg/m², kann sich zusätzlich ein sog. Obesitas-Hypoventilationssyndrom entwickeln, das seinerseits mit erhöhten Kohlendioxidwerten einhergeht. Eine extreme Variante stellt das Vorliegen sowohl einer COPD als auch einer Schlafapnoe und eines Obesitas-Hypoventilations-Syndroms dar.

Ein Teil der COPD-Patienten leidet allerdings nicht unter Übergewicht, sondern entwickelt eine fortschreitende Gewichtsabnahme, mitunter sogar sehr schnell (Kachexie), aufgrund von mangelndem Appetit oder einer mangelnden Verwertung der Nahrung. Hiermit verbunden ist oft ein fortschreitender Muskelabbau. Derartige Verläufe werden häufiger bei Patienten gesehen, die dem sog. „Pink-Puffer-Typ“ zuzuordnen sind und ein vorherrschendes und schweres Lungenemphysem haben.

Eine weitere, bei COPD häufiger beobachtete Erkrankung, ist die Refluxösophagitis, im Volksmund auch „Sodbrennen“ genannt. Dies gilt in gleicher Weise für den Diabetes mellitus, der durch seine Auswirkungen auf das Gefäßsystem die schädigenden Effekte des Tabakkonsums noch verstärkt.

Die anhaltenden, funktionellen Beeinträchtigungen durch COPD können auch zu depressiven Störungen führen. Ein Mangel an Motivation im Rahmen depressiver Verstimmungen wirkt sich zwangsläufig ungünstig auf die Tagesgestaltung und die zur Erhaltung der Muskelmasse so wichtige Mobilität aus.

Schließlich haben COPD-Patienten infolge eines langjährigen Tabakkonsums ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Als extrem seltene Erkrankung bei COPD mit Lungenemphysem kann eine Lungenfibrose vorliegen, ein Krankheitsbild, das CPFE („combined pulmonary fibrosis emphysema“ – also: kombinierte Lungenfibrose und Emphysem) genannt wird. Dieses ist durch eine unauffällige Lungenfunktion, aber durch eine schwere Gasaustauschstörung gekennzeichnet und erhöht das Risiko für die Entwicklung von LungenhochdruckLungenhochdruck
Typisch für das Fortschreiten dieser Erkrankung ist, dass die verschiedenen Zellarten in den Wänden der Lungengefäße zu wuchern beginnen und so die Blutgefäße verengen - ein Vorgang, den die Wissenschaftler Remodeling (struktureller Umbau) nennen. In der Folge muss die rechte Herzkammer das Blut gegen den zunehmenden Widerstand der enger werdenden Gefäße in die Lunge pumpen, was wiederum zu Umbauprozessen des Herzmuskels und schließlich zum Versagen des Herzens führt.
 
und bösartigen Lungentumoren.

Zusammenfassend wird aus der Vielzahl der genannten Begleiterkrankungen sichtbar, dass die COPD eine Systemerkrankung ist und nicht nur die Lunge betrifft. Die Behandlung muss deshalb über reine Maßnahmen wie die Anwendung von Inhalations-Sprays hinausgehen.

Passend zu diesem Thema hat der COPD Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit der Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland einen Patientenratgeber mit dem Titel: COPD und mögliche Begleiterkrankungen herausgegeben, den Sie in den Ausstellungszelten an den Ständen 1 und 30 kostenlos erhalten.

Quelle: Vortrag von Dr. med. Michael Westhoff, Chefarzt an der Lungenklinik Hemer, auf dem 11. Symposium Lunge am Samstag, den 1. September 2018 von 9:00-17:00 Uhr in Hattingen (NRW).

Anfragen bezüglich des Symposiums richten Sie bitte an:
Organisationsbüro Symposium-Lunge
Jens Lingemann
symposium-org@noSpam.copd-deutschland.de
Telefon: 02324 - 999 959

Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier:
Symposium-Lunge 2018
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